ABC – T wie Tragen

Eine Freundin erlebt das Schicksal von Flüchtenden hautnah. Die Familie wurde auf der Flucht auseinandergerissen. Es folgt die Kontaktsuche und die Hoffnung, sich wieder zu finden. Gaby kann nicht wirklich helfen. Sie hört zu, fiebert mit, und sie hat Tränen in den Augen, als sie erleben darf, wie die Familie wieder vereint ist.

Ich kenne das. Ich kann der Krebspatientin die Chemo nicht abnehmen. Ich kann dem trauernden Mann die Trauer nicht abnehmen. Ich kann lediglich da sein, zuhören, vielleicht ein Taschentuch anbieten für die Tränen, oder die Stirn mit einem kühlen Tuch erfrischen. Hilflosigkeit macht sich dann bei mir breit.

Wenn mir selber etwa Schwieriges widerfährt, spüre ich jedoch, wie wichtig es ist, darauf zählen zu dürfen, dass jemand mitträgt! Dieses Mittragen hilft und tut einfach gut! Lasten trägt man am besten gemeinsam.

In Cinyanja gibt es das Sprichwort: «Mutu umodzi sudenza denga!» (Ein Kopf allein trägt kein Dach!) Wir sagen ja auch: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Geteilte Freude ist doppelte Freude.

Bildquelle: Wasserträgerin-o.Schindler, wikimedia commons

Dazu ein Gedicht von Hilde Domin:

«Nimm den Eimer
trage dich hin
Wisse du trägst dich
zu Dürstenden

Wisse du bist nicht das Wasser
du trägst nur den Eimer
Tränke sie dennoch

Dann trage den Eimer
voll mit dir
zu dir zurück

Der Gang
hin und her
dauert ein Jahrzehnt
(Du kannst es fünf- oder sechsmal tun vom zwanzigsten Lebensjahr an gerechnet)»