Abnabelung

Das Entstehen eines menschlichen Lebens ist ein Wunder, über das ich nicht genug staunen kann. Nach der Empfängnis kommt ein hochkomplexes Spiel zwischen genetischem Bauplan und vielen hormonellen Stoffen in Gang, welche die Entwicklung vorantreiben. Schnell bildet sich eine Verbindung für die nötigen Nährstoffe zwischen dem Embryo und der Mutter. Die Nabelschnur ist buchstäblich die Lebensader des Kindes während der Zeit der Schwangerschaft. Nachdem das Kind in einem für Mutter und Kind anstrengenden und schmerzhaften Prozess geboren wurde, verliert die Nabelschnur ihre Funktion und wird nicht mehr gebraucht.

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Für die Menschen, die damals in Palästina Jesus nachgefolgt sind, war der Mann aus Nazareth sozusagen die Nabelschnur zu Gott. Durch Jesus lernten sie die Welt und Gott ganz neu zu sehen und erlebten seine heilende Zuwendung zu den Menschen. Seine Gleichnisse, seine Worte und Taten waren Seelennahrung für sie, und immer mehr überliessen sie sich seiner Führung. Der Schock von Jesu Verhaftung und seinem schändlichen Tod blieb ihnen nicht erspart, doch durften sie auf wundersame Weise erfahren, dass Jesus lebt. Das liess sie weiter im Vertrauen auf Gott reifen.

Das Fest von Auffahrt erzählt von Jesu Überzeugung, dass die Apostel und die Frauen und Männer in seiner Nachfolge in der Lage waren, die Botschaft auf ihren eigenen Füssen weiter zu tragen. Die Abendmahlrede von Jesus klingt an: «Es ist gut für euch, dass ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden.» (Joh 17,7) Mit seiner Himmelfahrt macht Christus klar: «Ihr habt alles Nötige mitbekommen, und es ist Zeit für eine Abnabelung. Ich habe meinen Teil für mehr Menschlichkeit getan. Jetzt seid ihr an der Reihe.»