• Felix imperfectio

    Im Lied «Anthem» des kanadischen Liedermachers Leonard Cohen, der vor acht Jahren verstarb, ist ein vielzitierter Satz zu finden. Cohen singt dort: «There is a crack, a crack in everything. That’s how the light gets in.» In jedem Ding gibt es einen Sprung; das ist, wie das Licht eindringt. Vom persischen Mystiker Rumi gibt es ein ganz ähnliches Zitat, das häufig so wiedergegeben wird: «Die Wunde ist der Ort, an dem das Licht in dich eindringt.» In der jüdischen Mystik soll es ebensolche Aussagen geben. Sprünge und Risse mindern normalerweise den Wert einer Sache, machen sie manchmal völlig unbrauchbar. Allerdings können sie auch Ausgangspunkt sein, dem Gegenstand eine ganz neue…

  • Halloween

    Vorabend von Allerheiligen, «All Hallows’ Eve», diese Bedeutung steckt hinter Halloween, dem Namen des heutigen Tages, an dem ausgehöhlte Kürbisse aufgestellt werden, Kinder verkleidet von Haus zu Haus ziehen, Süssigkeiten einsammeln und manchmal auch Streiche spielen. In Irland sollen die Bräuche entstanden sein, und es ist fraglich, ob sie im Zusammenhang mit dem katholischen Hochfest aufkamen oder bereits keltischen Ursprungs sind. Auf jeden Fall waren sie im Gepäck irischer Auswanderer nach Nordamerika und nahmen von dort den Weg zurück und breiteten sich über Europa aus. Die Beurteilung dieses Festes und seiner Bräuche ist ebenfalls strittig. Kann man sie als ein unproblematisches Ausbrechen aus dem Alltäglichen und Geregelten verstehen, das uns…

  • Raum des Respekts

    In der Bahnhofkirche habe ich es gerade wieder erlebt, dass ein intoleranter Christ im Raum der Stille missionieren wollte und sich abfällig über die Präsenz anderer Religionen ausliess. Manchmal werden sogar Weg-Worte zerrissen, weil gewisse Aussagen nicht dem eigenen Glaubensverständnis entsprechen. Mich stimmen solche Vorkommnisse traurig, gibt es doch in der Geschichte und an vielen Orten genügend Beispiele, dass es auch anders geht, dass Religionsgemeinschaften und Glaubensrichtungen friedlich miteinander leben und sogar einen fruchtbaren Austausch miteinander pflegen. Gerade bin ich von einer Reise durch Südindien zurückgekommen und war dort erstaunt, dass neben den vielen hinduistischen Tempeln überall auch islamische und christliche Gotteshäuser, Schulen und Krankenhäuser zu sehen waren. Die Menschen,…

  • Gottes Einzigartigkeit

    Für die Reihe von Gastbeiträgen unter dem Motto «Gott, wie ich ihn/sie sehe» hat unsere Freiwillige Mitarbeiterin Mukaddes Kakiz folgenden Beitrag geschrieben: Sei geduldig, Herz, sei geduldig!Rebelliere nicht (begehe keinen Frevel)!Eines Tages wird dieses Leid enden.Rebelliere nicht (begehe keinen Frevel)!Lass uns mit den vier Büchern beginnen,wenn du möchtest.Dort gibt es einen Namen, der überden Menschen hinausgeht, ihn übertrifft.Denke an Ihn, flüchte zu Ihm.Er ist über dir, über mir.Da ist ein Ich in mir, das übermich hinausgeht, über mich.Da ist ein Du in dir, das überdich hinausgeht, über dich. Gott ist für mich die Quelle der Existenz, der Sinn des Lebens und das tiefste Geheimnis des Universums. Er ist der Anfang…

  • Der Blick dahinter

    In fast allen Notfallapotheken befindet sich eine Rettungsdecke. Sie misst 2,1 Meter mal 1,6 Meter und besteht aus einer hauchdünnen Polyesterfolie, welche auf einer Seite mit Aluminium bedampft wurde. Auf dieser Seite erscheint die Decke silbrig. Der Kunststoff selbst ist gelbbräunlich transparent, deshalb sieht die andere Seite golden aus. Um einen Menschen vor Auskühlung zu schützen, wendet man die silbrige Seite, welche die Wärme besser reflektiert, nach innen. Gegen Überhitzung kehrt man diese Seite nach aussen. Der Künstler Hans Thomann verwendet als ein Vertreter der «Arte Povera», die mit einfachsten Mitteln arbeitet, solch eine Rettungsdecke in seinem Werk «… hinter den Wolken …». Dieses kann im Raum der Stille der…