Bruder Esel

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Gestern gedachten viele Menschen Franz von Assisi. Seine Theologie, seine Liebe zur Schöpfung und viele seiner Gedanken sind ins Heute überliefert worden. Wussten Sie, dass er den menschlichen Körper liebevoll als «Bruder Esel» bezeichnete? Wohl deshalb, weil der Leib Eigenschaften hat, die man auch einem Esel zuschreibt: er trägt einen Menschen treu durchs Leben, ist manchmal aber auch störrisch und eigenwillig – und sehr sensibel.

Eine eindrückliche «Esel-Geschichte» ist im Alten Testament zu finden (Num 22). Da wird von einer Eselin berichtet, die mehr sieht als der Prophet Bileam, der auf ihr reitet. Sie erkennt, dass sich ihnen ein Engel Gottes mit erhobenem Schwert in den Weg stellt. Bileam hat dafür keine Augen und schlägt blindwütig auf seine Eselin ein, die dem Boten Gottes ausweicht und schliesslich stehen bleibt. Sie tut nicht das, was Bileam möchte. Er, der eigentlich eine innige Verbindung zu Gott hat, ist in dem Moment mit Blindheit geschlagen. Seine Eselin aber, vermeintlich dumm und störrisch, hat ein Gespür dafür, was vor sich geht. Sie erkennt die göttliche Wirklichkeit in diesem Moment, ganz anders als der Prophet.

Zwischen Bileams Eselin und unserem «Bruder Esel», unserem Körper, kann ich deutliche Parallelen erkennen. Oft nimmt er Gefahren sehr früh wahr und sendet uns kleine, feine Signale in Form von z.B. Müdigkeit, Schmerz oder Unwohlsein. Aber so manches Mal dreschen wir wie Bileam auf ihn ein, wollen, dass er funktioniert und machen ihn gefügig, statt auf ihn zu hören und darauf zu vertrauen, dass er uns etwas mitteilen möchte. Letztlich tun wir gut daran, unseren «Bruder Esel» wertzuschätzen und seine Botschaften wahrzunehmen.