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Steig hinab in die Krypta!
In der Freitagausgabe des Weg-Wortes äussern sich derzeit Mitarbeitende der Bahnhofkirche zum Thema „Gott, wie ich ihn sehe“. Der heutige Beitrag stammt vom reformierten Seelsorger, Pfarrer Leonhard Jost. Mein Weg zu Gott war zunächst ein Kreuzweg. Als einziger Sohn eines Landpfarrers war mein Weg vorgespurt. Auch ich sollte Pfarrer werden. Ich habe das Opfer gebracht und contre coeur das Theologiestudium aufgenommen. Genauer gesagt habe ich mich an der Uni zunächst mit den atheistischen Argumenten eines Feuerbach, Marx, Nietzsche und Freud ausgerüstet, um gegen die Glaubensgewissheiten meines Vaters anzukämpfen. Kurz vor dem erwogenem Studienabbruch hatte ich einen Schlüsseltraum, der mir zum Saulus-Paulus Erlebnis wurde: Ich sitze allein in der Göttinger Universitätskirche…
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Hand am Pflug
Ob Felder im Frühjahr oder Herbst gepflügt werden, scheint eine Wissenschaft für sich zu sein – das entnehme ich zumindest einigen Landwirtschafts-Internetforen, die ich zu Recherchezwecken besucht habe. Hauptsächlich hängt der Zeitpunkt, wann man das Feld parat macht, von der Bepflanzung und der Bodenbeschaffenheit des Ackers ab. Mit dem Pflügen habe ich mich deshalb auseinandergesetzt, weil es eine Bibelstelle gibt, die mich schon lange beschäftigt. Es geht um einen Mann, der von Jesus derart begeistert war, dass er sich entschloss, ihm nachzufolgen. Nur von seinen Familienmitgliedern wollte er sich vorher verabschieden. Total nachvollziehbar, oder? Jesus kommentierte seinen Wunsch so: «Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals…
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Stachelige Hülle
Kastanien gehören zu dieser Jahreszeit einfach dazu. Die Bäume werfen sie nach und nach ab. Fussgänger treten darauf oder sie werden unter Autoreifen zermalmt. Aber es sind doch immer wieder kleine und grosse Menschen zu sehen, welche die Früchte vom Boden aufsammeln. Sind die Kastanien nicht schon durch den Sturz vom Baum aus ihrem stacheligen Häuschen gepurzelt, muss man sie ganz vorsichtig pellen, um sich nicht weh zu tun. Schliesslich hält man eine glatte, perfekte Frucht in den Händen. Kastanien werden gerne dazu genutzt, um kleine Männchen zu basteln oder die Wohnung herbstlich zu dekorieren. Manche Menschen stecken sie sich auch als Begleiter in die Hosentasche, vielleicht weil sie davon…
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Sei offen und weit wie der Himmel
Wenn der Herbstnebel mit grauer Zunge in die Täler schleicht, zieht es mich jeweils hinauf in die Berge. Der makellos blaue Himmel bei Tag und die funkelnden Sterne der Milchstraße bei Nacht beglücken und erheben meine Seele. Da kommt mir regelmäßig das Bonmot des großen Immanuel Kant in den Sinn, dessen 300. Geburtstag dieses Jahr quer durch alle Foren und Fakultäten gefeiert wird: Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der gestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir. Dass dieser Satz der Feder des abendländischen Vernunftphilosophen schlechthin entstammt, mag erstaunen, denn er…
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Rosenkranz trifft Wissenschaft
Fast jede religiöse Tradition kennt Gebetsketten; so beispielsweise der Hinduismus und Buddhismus, wo die die Perlenkette Mala genannt wird, oder der Islam, wo Gläubige mithilfe der Perlen von Tesbih bzw. Misbaha beten. In der katholischen Tradition ist es der Rosenkranz, der sogar einen eigenen Festtag hat, der heute begangen wird. Anfang der 2000er Jahre haben sich Forscher der Uni Pavia wissenschaftlich mit dem Rosenkranzgebet befasst und spannende Erkenntnisse zu Tage gefördert. So konnten sie feststellen, dass sich durch den meditativen Charakter des Rosenkranzgebets der Atem der Probanden verlangsamte, sodass sie während des Betens pro Minute nur noch fünf bis sechs Atemzüge nahmen, was sich positiv auf das Herz-Kreislauf- sowie das…