• Warten können

    Fällt es Ihnen leicht, in der Schlange an der Supermarktkasse zu warten? Oder auf den nächsten Urlaub, der nFällt es Ihnen leicht, in der Schlange an der Supermarktkasse zu warten? Oder auf den nächsten Urlaub, der noch in weiter Ferne liegt? In unserer beschleunigten Gegenwart – so scheint es mir – fällt es den Menschen immer schwerer, zu warten. Vielleicht liegt es daran, dass es sich während des Wartens so anfühlt, als verlöre man Zeit oder zumindest die Macht darüber, wie man sie verbringen möchte. Vielen ergeht es daher nicht gut, wenn sie das Warten nicht zumindest mit einer Tätigkeit füllen können; und sei es nur das ziellose Scrollen am…

  • Altertümlich aktuell

    Ich bin Mitglied der Begleitkommission eines im Sozialbereich aktiven Werkes. Für den Präsidenten dieser Kommission hege ich Bewunderung. Er führt uns nämlich mit einer enormen Wertschätzung durch die Sitzungen. Jeder Beitrag wird gleichermassen gewürdigt, und er lässt jedem Mitglied mit derselben Freundlichkeit Raum für dessen / deren Meinung. Kürzlich gab es zu einem Geschäft eine Abstimmung, weil dezidiert unterschiedliche Ansichten geäussert wurden. Am Ende der langen Sitzung unterliess es der Präsident nicht, sich an die Unterlegenen zu wenden. Er hoffe, dass sie trotz der Niederlage nicht mit einem schlechten Gefühl heimgingen. Mich beeindruckt dieser ausgesprochen sorgsame Umgang mit anderen Menschen, und ich halte ihn für vorbildlich im Blick auf die…

  • Platz für Menschlichkeit

    Sollen Religionen und Kirchen zu politischen Themen Stellung beziehen? Oder haben sie über die Angelegenheiten der Regierung und der Parteien zu schweigen und sich auf ihr «Kerngeschäft» zu beschränken? Diese Debatte entzündete sich erneut an einer Predigt, welche Bischöfin Mariann Edgar Budde am 21. Januar in der Washington National Cathedral hielt. An diesem interreligiösen Dankgottesdienst waren auch der aktuelle Präsident der USA und sein Vizepräsident anwesend. Gegen Schluss ihrer Predigt wandte sich die Bischöfin direkt an den zum zweiten Mal gewählten Donald Trump und bat ihn um Barmherzigkeit und Rücksichtnahme ganz besonders für die Menschen, die nun um ihren Aufenthalt oder sogar ihr Leben fürchten müssten wie Angehörige sexueller Minderheiten…

  • Trotzdem Ja zum Leben sagen

    Mit Kranzniederlegungen, Gedenkgottesdiensten, feuilletonistischen Beiträgen und einer Vielzahl von Medienveranstaltungen wird in diesen Tagen der Befreiung des KZ Auschwitz von der bestialischen Herrschaft des Nazi-Regimes gedacht. Es sind zugleich Veranstaltungen «Wider das Vergessen». Das dunkle Wiedererstarken rechtsradikalen Gedankenguts in vielen Ländern Europas zeigt auf, wie wichtig und notwendig die Kultur des Erinnerns und der Widerstand gegen demokratiezersetzende Kräfte sind. Als ich vor einigen Jahren das ehemalige KZ Buchenwald über der Stadt Weimar besucht und mit stockendem Atem an den Verbrennungsöfen vorbeigegangen bin, drängte sich mir nicht allein die Frage auf, wie Menschen Menschen so etwas antun können, sondern ebenso sehr, wie es Menschen möglich war, die Höllenqualen eines KZ überhaupt…

  • Bei mir beginnen

    Heute, am 27. Januar vor 80 Jahren, wurde das Konzentrationslager in Auschwitz befreit, in dem zwischen 1940 und 1945 über eine Million Menschen einen grausamen Tod fanden. Jahrestage wie dieser erinnern daran, wozu Menschen in der Lage sein können, wenn Gewalt entfesselt wird, Menschlichkeit verloren geht, Mitgefühl der Grausamkeit weicht und eine kranke Ideologie alles mit sich in den Abgrund reisst. Als ich in der Schulzeit über das Ausmass des Grauens während der NS-Zeit erfuhr, konnte ich tagelang nicht mehr richtig schlafen. Mich bewegte die Frage: Wie nur können Menschen anderen Menschen derart grausame Dinge antun? So wirklich habe ich in all den Jahren keine Antwort darauf gefunden, aber etwas…