Das faschistische Trampeltier

Wer immer in den vergangenen Tagen den Fernseher eingeschaltet hat, dem wird die Menge an Beiträgen aufgefallen sein, die sich mit den Feierlichkeiten und Gedenkanlässen rund um das Ende des 2. Weltkrieges vor 80 Jahren befassen. Teils mit absurden Kontrasten. Hier die gedemütigten Verlierer, dort die stolzen Sieger, dazwischen die Leichenberge auf beiden Seiten. Während Putins Russland den Sieg über Hitlerdeutschland mit einer gigantischen militärischen Machtdemonstration feiert und dabei die Welt in Furcht und Zittern versetzt, üben sich die Deutschen in Schuldbekenntnissen, Erinnerungs- und Aufarbeitungskultur.
Filmdokumente aus den Vernichtungslagern, welche die Amerikaner nach deren Befreiung gedreht haben, sollten nicht nur der deutschen Bevölkerung damals, sondern uns allen und für alle Zeiten vorführen, wozu der Mensch, somit wir selbst, fähig sind, wenn nur die Umstände es gebieten.
«Nie wieder Krieg!», der vor 80 Jahren allerorts verkündete, in der dazwischen liegenden Zeit durch Hunderte von Neukriegen geschändete Friedensruf, ist längst verhallt. Überall ist Krieg oder droht Krieg. Überall versetzen machtkranke Psychopathen die Menschheit in Angst und Panik, schüren verbalen Hass oder leben ihn kriegslüstern in Gewaltexzessen aus. Ihre Namen sind bekannt. Ich mag sie hier nicht nennen. Die Schauplätze schon: Ukraine, Gaza, Äthiopien, Jemen, Myanmar, Taiwan und seit einigen Tagen nun auch noch der sich zuspitzende Konflikt zwischen den beiden Atommächten Indien und Pakistan um die Vorherrschaft in der Region Kashmir.
Tja, liebe Leserin, lieber Leser, was um Himmels Willen ist los auf diesem Erdenrund? Was tun, was glauben, was hoffen angesichts dieser fatalen Bestandesaufnahme, dieser täglich über uns hereinbrechenden, apokalyptisch anmutenden Pegelstandmitteilungen des Grauens? Ich selbst weiss es auch nicht. Mich macht die derzeitige Weltlage schlicht sprach- und fassungslos. An Gott zweifle ich immer noch nicht, an uns Menschen schon.
Bild: Max Ernst, L’ Ange du Foyer oder «Das faschistische Trampeltier», 1937