Das Fremdwort

Ein afrikanischer Theologe, dessen Vorlesungen ich besuchen konnte, vertrat die Ansicht, das Evangelium, das durch die Mission in seine Herkunftskultur eingedrungen war, habe neben aller Zerstörung und Geringschätzung des Afrikanischen einen unschätzbaren Wert gehabt: Es habe vieles, was in der ursprünglichen Religion lebensfeindlich gewesen sei, verändert: z.B. die Abhängigkeit von magischen Vorstellungen oder die verbreitete Angst vor dem Wirken böser Geister. Hier habe die Botschaft Jesu Befreiung gebracht. Es bleibe nun die Aufgabe, das Christentum in Afrika zu etwas wirklich Eigenem zu machen. Dies allerdings so, dass es trotzdem seine Kraft behalte, die eigene Lebensweise immer wieder infrage zu stellen.

Das sei jedoch eine Dynamik, welche jederzeit und überall gelte: Das biblische Wort Gottes sei immer ein Gegenüber, an dem sich das scheinbar Selbstverständliche messen lassen müsse.

Der Theologe bezog sich auf das reformierte Schriftprinzip. Nach diesem offenbart sich Gott einzig in der Heiligen Schrift der Bibel. Diese muss stets neu in die Gegenwart hinein ausgelegt werden, damit sie zu den Menschen sprechen kann.

Es ist für mich eine der grossen Errungenschaften der Reformation, im Schriftprinzip das Fremd- und Anderssein Gottes gerettet zu haben, das jede Traditionsbildung, jeden Anspruch, über Wahres zu verfügen, fragwürdig macht.

Die Perspektive des afrikanischen Theologen half mir, diese Kraft des Evangeliums zu erkennen und wertzuschätzen.

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