Das Kreuz auf dem Thron

Die ersten Christ:innen wurden im Römischen Reich bis ins 4. Jahrhundert aufs bitterste verfolgt. Viele wurden wegen ihres Glaubens umgebracht. Dann die grosse Wende: Unter Kaiser Konstantin kam zuerst die Anerkennung der neuen Religion, und 380 wurde sie zur Staatsreligion erhoben. Plötzlich war es verordnete Politik, dass man Christ:in zu sein hatte.

Einige Mosaike in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom aus dem 5. Jahrhundert geben ein eindrückliches Zeugnis dieses Wandels ab.

Der hier abgebildete Ausschnitt zeigt einen Thron, auf dem das Kreuz Christi steht. Es wird vermutet, dass es sich um den Thron der früheren Stadtgöttin Roma handelt. Rechts und links erkennt man die Apostel Petrus und Paulus. An ihrer Stelle wären noch kurz zuvor die mythischen Stadtgründer Romulus und Remus dargestellt worden. Die Botschaft ist klar: Das antike Rom mit seiner Macht ist durch den neuen, himmlischen Herrscher abgelöst worden. Und die neuen Väter des Weltzentrums sind die beiden wichtigsten Zeugen Christi.

Dieser Wandel hat die Glaubensbewegung, die durch Jesus ins Leben gerufen wurde, nachhaltig verändert. Ohne ihn wären die engen Bande zwischen Staat und Kirche in Europa nicht denkbar. Erst durch ihn wurde die Kirche ein globaler Machtfaktor, durch den sie sich in nicht auflösbare Widersprüche zu der pazifistischen Botschaft Jesu begeben hat.

Heute erleben wir, wie Einfluss und Macht der Kirche schwinden. Wie damals müssen wir uns auf eine andere Kirche einstellen. Auf eine, in der Christus wieder vom Thron herabsteigt. Es wird zwar eine andere Kirche sein – aber nicht unbedingt eine schlechtere.

Abb: Mosaik auf dem Triumphbogen der Basilika Santa Maria Maggiore, Rom. Quelle: Wikimedia Commons