Dazulernen und dazugehören

Viel Leid kann darauf zurückgeführt werden, dass gewisse Personen oder Gruppen sich auf eine wertende Weise von «den Anderen» abgrenzen. Diese allzu menschliche Tendenz bewirkte immer wieder Abwertung, Benachteiligung und Ausbeutung von Menschen, z.B. wegen ihrer anderen Hautfarbe oder kulturellen Herkunft. Der Grund für den Jahrhunderte andauernden Ausschluss der Frauen von den Rechten der Männer ist auch in dieser bewertenden Unterscheidung zu finden. Die grossen Konflikte und kriegerischen Auseinandersetzungen beruhen letztlich alle auf der Weigerung, Menschen oder Volksgruppen die Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit zuzugestehen.

Bild von WikiImages auf Pixabay
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Es hat mich erstaunt, dass selbst Jesus nicht frei war von diesem Verhalten. Er lebte im multikulturellen Galiläa und verstand sich als Angehöriger der jüdischen Glaubensgemeinschaft. Im siebten Kapitel des Markusevangeliums wird erzählt, dass einst eine syrische Frau zu ihm kam und um die Heilung ihrer Tochter bat. Jesu Reaktion war barsch und er antwortete: «Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.» Die Frau liess sich aber nicht abschrecken und gab zurück: «Auch die kleinen Hunde unter dem Tisch essen von den Brotkrumen der Kinder». Von ihrer Antwort liess sich Jesus bewegen und er heilte die Tochter. Er war bereit dazuzulernen, dass seine heilsame und befreiende Botschaft für alle gleichermassen gilt.

Wir gehören alle zu einer einzigen Menschheitsfamilie, und jeder Mensch hat berechtigte Bedürfnisse. Diese Einsicht ist wesentlich in unserer so zersplitterten Welt und lässt uns im Dialog nach Lösungen streben, die niemanden benachteiligen. Wer weiss, womöglich verdanken wir die weltumspannende christliche Gemeinschaft ja dieser mutigen und hartnäckigen syrischen Frau.