Der helle Schein
Nach der Probe für das diesjährige Krippenspiel diskutierten wir im Leitungsteam über eines der Lieder. Jemand meinte, es sei nicht wirklich kindgerecht. Kinder würden den Text nicht verstehen. Ich vertrat die Meinung, dass Kinder auch eine positive Einstellung zu einem Lied entwickeln können, wenn sie den Inhalt des Textes nicht bis ins letzte Detail verstehen.
Unsere jüngere Tochter war etwa drei Jahre alt, als sie sich erstmals von mir «Das Blümelein» als Gutenachtlied wünschte. Sie hörte zu, wenn wir an Weihnachten in der Familie «Es ist ein Ros entsprungen» sangen. Offensichtlich hatte sie den Anfang der dritten Strophe in Erinnerung behalten. So wurde diese Strophe zu ihrem persönlichen Gutenachtlied, nicht nur während der Weihnachtszeit.
Das Blümelein so kleine,
Ref. Gesangbuch 399
das duftet uns so süß;
mit seinem hellen Scheine
vertreibt’s die Finsternis,
wahr’ Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allem Leide,
rettet von Sünd und Tod.»
Ich habe zunächst gezögert, meiner Tochter von Leid, Sünd und Tod zu singen, aber sie liebte dieses Lied so sehr, dass ich es jeden Abend singen musste. Das Bild von der kleinen duftenden Blume, die in der Dunkelheit leuchtet, war für sie Grund genug, sich dieses Lied immer wieder zu wünschen. Intuitiv hat sie dadurch die Weihnachtsbotschaft verinnerlicht.
Mich freut es, dass sie eine Beziehung zu einem bedeutenden Werk deutscher Kirchenmusik entwickelt hat, die bis ins Erwachsenenalter anhält. Noch heute hört sie auf Youtube gerne verschiedene Bearbeitungen und Interpretationen dieses Liedes.
Zum Reinhören eine Interpretation des Originalsatzes von Michael Praetorius von 1609: https://www.youtube.com/watch?v=xA4pBDNZDx0
Und eine moderne Version des schwedischen Komponisten Jan Sandström: https://www.youtube.com/watch?v=86-ulHbApOM