Der Sache wegen

In Ken Mogis Buch «Ikigai – die japanische Lebenskunst» bin ich auf einen Abschnitt gestossen, in dem er von der Gagaku-Tradition berichtet. Dabei handelt es sich um einen besonderen Musik- und Tanzstil, der seit rund 1400 Jahren am japanischen Kaiserhaus dargeboten wird. Inzwischen hat Gagaku auch Platz gefunden auf der UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit. Für unsere Ohren reihen Gagaku-Musiker eher ungewöhnliche Klänge aneinander – das mag an den fernöstlichen Instrumenten liegen – aber das ist letztlich unerheblich. Denn auch wenn man Gagaku-Darbietungen besuchen kann, so sind sie eigentlich nicht primär für Publikum gedacht. Die Musiker spielen ihre Instrumente und die Tänzer bewegen ihre Körper nicht, um Applaus für ihre Darbietung zu erhalten. Am japanischen Hof steht traditionell niemand, der Komplimente verteilen wird.

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Musik vor leeren Reihen? Und das auch noch gewollt? In mir regt sich beim Lesen die Frage, ob ich in meinem Alltag eigentlich auf Komplimenten und Applaus angewiesen bin. Brauche ich Anerkennung für das was ich tue? Ehrlicherweise muss ich gestehen: ganz oft ja! Denn bleibt die belohnende Anerkennung mal aus, fühlt es sich gar nicht gut an. Das ist womöglich der Grund dafür, weshalb es mir so sehr gefällt, wie es Gagaku-Künstler handhaben. Sie musizieren um des Musizierens willen. Sie tanzen und sind in diesem Moment ganz und gar im Tanz versunken. Nur das, was sie im Hier und Jetzt tun, zählt. Wie schön wäre es, wenn auch ich mehr Dinge in meinem Alltag tun könnte, einfach der Sache wegen, ohne mir eine Belohnung zu erhoffen oder mich dem Zufall zu überlassen, ob ich dafür nun Anerkennung erfahre oder nicht.