Die Sterne da unten
In seinem ersten Prosaband «Die Hundeblume» hat der deutsche Schriftsteller Wolfgang Borchert eine melancholische und gleichzeitig liebevolle Ode an die Elbe in Hamburg geschrieben: «Blick von Blankenese». Ein Abschnitt daraus lautet:
„Oben liegt der Himmel und da liegen die Sterne drin. Darunter liegt die Elbe. Und da liegen auch Sterne drin. Dieselben Sterne, die im Himmel liegen, liegen auch in der Elbe. Vielleicht sind wir gar nicht so weit ab vom Himmel. Wir in Blankenese. Wir in Barmbek, in Bremen, in Bristol, Boston und Brooklyn. Und wir hier in Blankenese. Aber man muß die Sterne natürlich sehen, die hier unten schwimmen, in der Elbe, im Dnjepr, in der Seine, im Hoangho und im Mississippi.“
Der Himmel spiegelt sich in der Welt. Nicht nur dort, wo man gerade lebt. Überall.
Auf die Sprache des Glaubens übertragen, kann man es so sagen: Das Licht Gottes spiegelt sich in der Welt. Überall. Im Blick eines Mitmenschen, in dem kurzen Gespräch an der Tramhaltestelle, im selbstvergessenen Spiel eines Kleinkindes, im letzten Atemzug einer sterbenden Frau.
Aber man muss diese Sterne natürlich schon sehen, muss in der berührenden Menschlichkeit solcher Momente die zarte Berührung Gottes ahnen können.
Foto: Bernd Thaller, flickr. https://www.flickr.com/photos/bernd_thaller/12440734613