Durchkreuzung
Das Kunstobjekt «Und mittendrin ist Licht» von Adrian Bütikofer, das im Raum der Stille der Bahnhofkirche zu sehen ist, besteht aus drei Ellipsen, die ein leuchtendes Zentrum umgeben.
Diese Ellipsen sind nicht schön konzentrisch angeordnet, und ihre Längsachsen kreuzen sich zum Teil. Trotzdem wirkt ihre Ordnung klar. Sie erinnert mich an ein Sonnensystem mit Planeten, die in unterschiedlichen Bahnen um ihre Sonne kreisen.
Dann gibt es da aber noch hyperbelähnliche Kurven. Die fallen von aussen in das System ein, kommen scheinbar von irgendwoher, durchkreuzen die Bahnen, stören die Ordnung und entfernen sich wieder in das Irgendwo. Sie erinnern mich an Kometen, die plötzlich auftauchen, für kurze Zeit sichtbar werden um unseren Blicken dann wieder zu entschwinden.
Es ist gut, wenn Ordnungen von Zeit zu Zeit gestört werden, wenn scheinbar Klares und Richtiges von aussen in Frage gestellt und aufgebrochen wird.
Das Matthäusevangelium in der Bibel erzählt von einem Stern – oft als Komet gedeutet – der neu am Himmel aufgegangen ist. Der, auf den dieser Stern hinweist – Jesus von Nazareth – hat Ordnungen durchkreuzt, Geltendes infrage gestellt und Hergebrachtes neu gedeutet.
Kein Zufall wohl, dass man diesen Durchkreuzer zum Schweigen bringen wollte und ans Kreuz genagelt hat. Er aber – so heisst es – hat auch die Ordnung des Todes durchbrochen.
Abb: Adrian Bütikofer, Und mittendrin ist Licht, 2023, Bahnhofkirche Zürich, Installationsansicht. Foto: Bahnhofkirche Zürich