Ewige Liebe?
Im vergangenen Jahr besuchte ich nach langer Zeit wieder einmal meine Geburtsstadt Köln. An einem Abend spazierte ich vom Dom herkommend auf der Hohenzollernbrücke über den Rhein. Dort fiel mir an den Gittern zwischen dem Gehweg und den Gleisen eine unüberschaubare Menge an Vorhängeschlössern auf. An einigen Stellen hängen sie so dicht, dass sie ganze Trauben bilden und die Gitter vollständig dahinter verschwinden. Auf Wikipedia fand ich die Schätzung, dass die Anzahl der Schlösser auf dieser Brücke bereits im Jahr 2015 die Marke von einer halben Million überschritten haben soll.
An bestimmten Brücken oder Gittern grösserer Städte kann man diese «Liebesschlösser» entdecken. Oftmals sind Initialen oder Namen darin eingraviert. Liebespaare hängen sie auf, werfen die Schlüssel danach in den Fluss und unterstreichen damit, dass ihre Liebe für immer Bestand haben soll.
Während des Spaziergangs stellte sich mir beim Anblick dieser Flut von Schlössern die Frage, wie viele der Paare denn heute noch zusammen sind. Plötzlich stach mir im Gewimmel etwas ins Auge: ein Zahlenschloss! Welches Paar hatte das wohl aufgehängt? Eines, das sich für sehr vergesslich hielt? Oder eines, dem die Gefahr und Möglichkeit des Scheiterns bewusst war?
Von ewiger Liebe können wir eigentlich nur bei Gott sprechen. Er rief alles ins Dasein und betrachtet mit beständiger Liebe jedes Wesen. In begrenztem Mass können wir seiner Liebe nacheifern. Konflikte in gegenseitiger Achtung und Ehrlichkeit auszutragen, wird die Beziehung tiefer und reicher machen. Die menschlichen Grenzen zeigen sich beim Scheitern und Tod einer Beziehung. In Frieden und Respekt auseinanderzugehen, kann dann ein grösserer Akt der Liebe sein, als um des Anscheins willen zusammenzubleiben.