Fingerregen – Händesegen

Weisse Wände, aus denen Unterarme ragen. Und es ist, als ob die abgebildeten Menschen diesen geheimnisvollen Händen die ihrigen zum Gruss ausstrecken. Aber nein. Sie halten sie darunter, weil von den Fingern Wasser herabfliesst.

Das Werk des Zürcher Künstlers Roland Herzog war an der letzten Landesausstellung – der Expo.02 – zusammen mit sechs weiteren Installationen als Beitrag der Kirchen zu sehen. Es trägt den Titel «Fingerregen» und ist dem Segen gewidmet.

Herzogs Werk spricht mich an, weil es zeigt, dass Segen gleichzeitig etwas Spirituell-Geistliches und etwas ganz Körperliches ist. Wir segnen mit den Händen, breiten sie z.B. zur Segensgeste aus, oder berühren einen Menschen, um ihn zu segnen. Und wir vertrauen darauf, dass in dieser Geste etwas geschieht, das unsichtbar bleibt: dass göttliche Kraft wirkt.

Diese Kraft ist hier durch das Wasser angedeutet. Sie fliesst durch uns hindurch, um auf andere überzugehen. Sie gehört uns nicht. Sie ist Bewegung. Sie erfrischt und stärkt.

In der psychiatrischen Klinik haben mir Patient:innen immer wieder erzählt, wie wichtig für sie andere Patient:innen seien. Von ihnen komme sehr viel Verständnis und Solidarität. Das helfe manchmal mehr, als was Ärztinnen, Therapeuten und Seelsorgerinnen böten.

Jeder Mensch kann für andere zum Segen werden.

Abb: Roland Herzog, Fingerregen, EXPO.02, 2002, seit 2004 im Park des Spitals Zollikerberg, Innenansicht der Installation. © Roland Herzog. Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers