Finke Fränzi

Der Name Dosenbach ist wohl nicht nur für mich mit billigen Schuhen ohne besonderen Pfiff und Stil verbunden. Wenn man was Besonderes will, geht man woanders hin.

So wusste ich denn auch nicht, dass Dosenbach nicht immer ein deutscher Konzern war, sondern ursprünglich eine Schweizer Traditionsfirma. Ich verdanke diese Horizonterweiterung einer Aktion zur kürzlich zu Ende gegangenen Fussball-Euro der Frauen. Zürich wies mit Stelen im öffentlichen Raum auf «Starke Frauen» hin, die in der Stadt Spuren hinterlassen haben.

Eine dieser Frauen ist Franziska Dosenbach. Sie war ab 1853 mit einem Sattler im aargauischen Bremgarten verheiratet und begann, fabrikgefertigte Schuhe aus dem Ausland einzuführen und zu verkaufen. Nach dem Tod ihres Mannes setzte sie ganz auf den Schuhhandel und begründete ein Firmenimperium mitsamt Filiale am renommierten Zürcher Rennweg. Und das als verwitwete Frau mit 13 Kindern im 19. Jahrhundert.

Die Dosenbachschuhe verkauften sich deshalb so gut, weil sie dank der Fabrikfertigung bei guter Qualität deutlich billiger waren als handgefertigte. Und Schuhe waren damals teuer: Ein Textilarbeiter musste um 1820 mehr als einen Wochenlohn dafür ausgeben.  Viele konnten sich also keine guten Schuhe leisten.

So ist Franziska Dosenbach nicht nur eine der ersten Unternehmerinnen der Schweiz, sondern steht auch für eine Marktwirtschaft, die die kleinen Leute im Blick hat. Von ihr stammt der Satz: «Ein gutes Paar Schuhe darf kein Luxus sein – sondern Alltag für alle.» Wenn man daraus die Aussage macht: «Eine gute Wohnung darf kein Luxus sein – sondern Alltag für alle», ist man ganz in der Gegenwart mit ihrer Wohnungsnot und erkennt die soziale Brisanz.

Ein Mann, der ähnliches vollbracht hätte, wäre wohl bis heute bekannt. Für Franziska Dosenbach hingegen gibt es nicht einmal eine Erinnerungstafel.

Und eher abschätzig hat man sie damals auch «Finke Fränzi» genannt.

Abb: Sportamt der Stadt Zürich, ZÜRICITYWALK, 2025.  Foto: Privat