Flügelschlag

Im zweiten Satz der Bibel lesen wir, dass am Anfang der Welt alles wüst, öde und finster war. Eine Urflut. Über alldem aber – so heisst es – schwebte der Geist Gottes. (Buch Genesis, Kap. 1, Vers 2)

Wie kann man sich diese Gegenwart des Geistes vorstellen? Das hebräische Verb für «schweben», das im Text benutzt wird, meint eine zitternde oder flatternde Bewegung. An einer anderen Stelle in der Bibel wird es wieder verwendet, um eine Eigenschaft Gottes zu beschreiben. Es heisst dort, Gott sei zu seinem Volk Israel «wie der Adler, der sein Nest beschützt und über seinen Jungen schwebt, der seine Schwingen ausbreitet, ein Junges ergreift und es flügelschlagend davonträgt.» (Buch Deuteronomium, Kap. 32, Vers 11)

So wäre das Schweben des Gottesgeistes am Anfang also nichts nur Ruhiges, sondern aktive Präsenz, wie Flügelschlag. Ein Hin und Her.

Dieses Bild tut mir gut: Von allem Anfang an gibt es im Universum diese Gegenwart des Lebensgeheimnisses, das wir Gott nennen. Sie ist unsichtbar, aber nicht abstrakt, sondern Wirkkraft. Spürbar wie ein Luftzug und beschützend wie weite Flügel.

Abb: Pandion haliaetus (Fischadler) Foto: Ekaterina Chernetsova. Quelle: flickr