Frauen in meinem Leben

Den internationalen Frauentag will ich zum Anlass nehmen, über meine Mütter zu schreiben. Die eine Mutter hat mich im Jahr 1965 zur Welt gebracht. Im gleichen Jahr ist sie gestorben. Aus der Zeit dazwischen gibt es ein paar Fotos, in denen sie mich liebevoll im Arm hält.

Foto privat

Die andere Mutter ist etwa ein Jahr später ins Leben meiner drei älteren Brüder und in meines getreten. Sie war eine Freundin meiner leiblichen Mutter, und sie hatte mit 33 Jahren eine Karriere. Sie war eine abenteuerlustige Frau und hat die Chance zur Welterkundung über eine Möglichkeit genutzt, die ihr die Kirche geboten hatte: Sie wurde Missionarin. Sie hat als Sekundarlehrerin für naturwissenschaftliche Fächer im heutigen Kongo unterrichtet. Sie hat dort viele Freundschaften geknüpft und uns oft von ihrem spannenden Leben dort erzählt.

Sie hat ihr Abenteuerleben und ihren Lebenstraum aufgegeben und meinen Vater geheiratet um uns vier Buben, die ihre Mutter verloren hatten, eine Mutter zu sein. Sie hat sich hineingefunden in eine Aufgabe, in die sie nicht langsam, Kind für Kind hineinwachsen konnte. Sie kümmerte sich um zwei grosse, trauernde Buben, zwei noch sehr kleine Buben, einen Mann, der noch in Trauer war, der aber im Pfarrdienst funktionieren musste, und später noch um eine kleine Schwester – sie hat etwas auf sich genommen und sie wurde wirklich meine Mutter. Sie hat mit mir vor der Schule Cello geübt, wurde von den Lehrern für meine leibliche Mutter gehalten, weil wir uns so ähnlich sehen. Sie hat alles getan, was eine Mutter tut: getröstet und gefördert, gekocht und begleitet. Als wir gross waren, hat sie ihr Abenteuerleben wieder aufgenommen. Sie ist im Auftrag der Kirche durch die Welt gereist. Ich kenne niemanden, der ein so grosses Beziehungsnetz in der Welt hat, wie meine Mutter. Im Ruhestand hat sie ihr Wohnhaus in Basel in ein Studienheim verwandelt. Über die Jahre hat sie über 50 junge Leute, die in Basel studiert haben, beherbergt und sich so die Welt ins Haus geholt. Und ich denke: Was für eine Karriere! Was für eine Lebensleistung!

In diesem Jahr wird sie 90 Jahre alt. Jetzt sind wir für sie da. Dankbar und gerne!

Ich will Euch trösten, wie einen eine Mutter tröstet (Jesaja 66, 13)