Frieden und Solidarität
Heute ist Europatag. Er geht auf ein Ereignis zurück, welches sich heuer zum 75. Mal jährt, und in dessen Mittelpunkt ein bemerkenswerter Mann steht, der französische Politiker Robert Schuman. In Luxemburg wurde er als Deutscher geboren, nahm nach dem ersten Weltkrieg die Staatsbürgerschaft Frankreichs an, wirkte später in der französischen Résistance mit, wurde 1947 Ministerpräsident von Frankreich und lebte bis 1963.

Im Jahr 1950 waren die Folgen des Krieges noch vielerorts sichtbar und die Wunden zwischen den Völkern noch nicht verheilt. In dieser Situation hielt Schuman am 9. Mai eine mutige Rede, die er folgendermassen begann: «Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Grösse der Bedrohung entsprechen.» Er schlug vor, dass französische sowie deutsche Kohle und Stahl gemeinsamen vermarktet werden, in der Absicht, «dass jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich» wird. Die anderen europäischen Länder lud er zum Mitmachen ein und legte damit den Grundstein zur Europäischen Union, die er als tiefe solidarische Gemeinschaft verstand.
Die Hand zum Miteinander auszustrecken trotz aller Verletzungen und Differenzen, erinnert mich an eine Passage in der Bergpredigt: «Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe vor dem Altar liegen. Geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.» (Mt 5,23f) Robert Schuman hat wesentlich zur europäischen Versöhnung nach dem Krieg beigetragen. In einer Zeit von oft rücksichtslos verfolgten Eigeninteressen haben wir dieses mutige Einstehen für Frieden und Solidarität wieder nötig.