Geschenkt

Eine Rettungsfolie, silbrig, an der Decke aufgehängt. Ein Spot auf einem Sockel, der die Folie anleuchtet. Ein kleiner Ventilator, der sie von hinten leicht zum Wehen bringt. Das ist schon alles.

Aus solch unspektakulären Materialien ist das Kunstwerk …hinter den Wolken… von Hans Thomann gebaut, das zurzeit im Raum der Stille der Bahnhofkirche zu sehen ist.

Aber erst durch das Zusammenspiel dieser Komponenten und durch die Wirkung, die daraus resultiert, entsteht das Werk wirklich. In dem Widerschein des Lichts nämlich, das von der Folie an die Decke des Raums und an die Wand geworfen wird. Ein bewegtes, flimmerndes, manchmal zuckendes Licht, das Decke und Wand Leben einflösst. Ein Lichttanz entsteht, im Moment und nur für den Moment. Nichts bleibt von ihm übrig, wenn man den Spot ausschaltet.

Das Eigentliche dieses Kunstwerks ist flüchtig und nicht festzuhalten. Ein kleines Wunder, mir geschenkt, wenn ich mich drauf einlasse.
Es verändert den Raum, verzaubert ihn ein bisschen. Und vielleicht werde auch ich für einen Moment verzaubert.
Und ich werde daran erinnert: Es gibt doch solche Momente auch sonst!

Sommer, die Sonne scheint, warm. Ich liege an einem See, schliesse die Augen. Die Sorgen fallen von mir ab. Alles wird leicht. Und nun geschieht es: Ein Wunsch für mein Leben, den ich schon lange mit mir herumtrage. Plötzlich ist er wieder da. Aber nun näher und drängender. Ich spüre: Jetzt ist die Zeit, ihn ernst zu nehmen, mich nach ihm zu richten, mich von ihm verzaubern zu lassen, meinem Leben eine neue Richtung zu geben. Mich zu wandeln.

Ein kleines Wunder, mir geschenkt, wenn ich mich darauf einlasse.

Abb: Hans Thomann, …hinter den Wolken… , Bahnhofkirche Zürich, 2024. Foto: Bahnhofkirche Zürich