Glaub-würdig

«Ich kann nicht an Gott glauben. Und was da in der Bibel steht, das sind doch bloss Märchen, die von Wundern erzählen. Haben Sie selbst denn schon mal so etwas erlebt?»

Als Seelsorger kriegt man solche Aussagen oft zu hören. Zum Glück! Denn sie zeugen von kritischer Auseinandersetzung mit der Frage nach Gott. Sie zeigen, dass Menschen es sich nicht leicht machen mit dieser Frage und sich nicht mit frommen Geschichten abspeisen lassen.
Und in vielem haben sie recht. Gott ist kein messbares Objekt, das man naturwissenschaftlich analysieren könnte.

Für mich geht es deshalb nicht um die Frage, ob ich Gott nachweisen kann, sondern ob Gott in meinem Leben glaub-würdig werden kann. Ob er/sie liebens-wert wird.

Es kann einen Unterschied machen, ob ich ein Gegenüber in meinem Leben annehme, ein Du, das mich begleitet und vorbehaltlos «ja» zu mir sagt oder nicht. Ob ich darauf vertraue, angesprochen und gemeint zu werden, auch wenn ich von Menschen alleingelassen werde oder nicht.

Und kann dieses göttliche Du, dem ich zu vertrauen versuche, ohne es je gesehen zu haben, eben glaubwürdig werden – wert und würdig, an es zu glauben – weil mein Leben durch dieses Vertrauen an Halt gewinnt? Kann «Gott» liebenswert werden – wert, geliebt zu werden – weil ich z.B. durch Geschichten der Bibel selbst zum Lieben ermutigt werde?

Ich kann es auch so sagen: Der Glaube ist ein bestimmter Blick auf die Welt und das Leben, den ich «ausprobieren» kann. Ein Blick des Vertrauens und der Liebe. Und ich kann herausfinden, was mit mir geschieht, wenn ich diesen Blickwinkel einnehme, ob und wie er mich und mein Leben verändert.

Ist Gott glaub-würdig für mich?

Abb: Paul Klee, Engel, noch tastend, 1939, Zentrum Paul Klee, Bern. Quelle: Wikimedia Commons