Glücksrezept

Vor ein paar Tagen bin ich auf einen Sinnspruch gestossen, der mich nachdenklich gemacht hat. Er lautet: «Man kann nicht dankbar und unglücklich zugleich sein.» Ist ja eigentlich banal, könnte man sagen, denn wer sich im Unglück sieht, wird kaum einen Grund zur Dankbarkeit finden. Und wer sich für etwas dankbar fühlt, ist – zumindest in diesem Moment – nicht unglücklich.

Es ist eine vertrackte Sache mit der Dankbarkeit. Sie wird Kindern häufig von klein auf antrainiert und zur Bedingung gemacht, um etwas zu bekommen. Mehrfach habe ich in Geschäften miterlebt, wie die Person hinter der Theke einem Kind etwas geben wollte, und die Eltern es mit der Frage «Wie sagt man?» stoppten. Erst nachdem ein «Danke» kam, durfte es die Gabe entgegennehmen. So wird Danken zu einer Pflichtübung und einem Tauschhandel, statt ein spontaner und von innen heraus motivierter Ausdruck der Freude zu sein. Der Dankbarkeit gegenüber Gott geht es ähnlich. Die Vorstellung ist weit verbreitet, dass Gott als Geber alles Guten den Menschen das Danken als Verpflichtung auferlegt.

Kind mit Kirschen
Foto von Jamir Tamboli auf Pixabay

In den strahlenden Augen eines Kindes und im genussvollen Verspeisen einer geschenkten Leckerei steckt eine reinere und unmittelbarere Dankbarkeit als in anerzogenen Worten. Wenn wir dies wahrnehmen und von Herzen anerkennen, dann verliert Dankbarkeit die spröde Schwere eines moralischen oder religiösen Gebots und kann wieder ihrem eigentlichen Zweck dienen: das Leben schöner und erfüllter zu machen. Gott braucht unseren Dank nämlich nicht, doch er wünscht ihn uns, damit wir aufmerksamer werden auf die kleinen Freuden, die in den Alltag eingestreut sind, mag dieser ansonsten noch so betrüblich sein. Danken ist eigentlich ein Geschenk Gottes, ein Rezept, das uns – beharrlich angewendet – dem Glück näher bringt.