Göttliche Geburt im Wagenrad

Am Sonntag feiern wir den 1. Advent. Und wieder ist im Raum der Stille der Bahnhofkirche eine aussergewöhnliche Krippe zu sehen.
Sie präsentiert sich beim ersten Draufschauen als ein altes hölzernes Wagenrad. Von der Felge lenken zwölf besenstieldicke Speichen den Blick zur klobigen Nabe. Beim genauen Betrachten zeigt sich, dass die Öffnung für die Achse nicht leer ist, sondern etwas Farbiges beherbergt. Man muss nahe herankommen, um die einfache Miniatur-Krippenszene zu erkennen, mit Maria, die einen blauen Umhang trägt, ihrem Verlobten Josef und dem Jesuskind auf einem Bündel Stroh.

Das Missverhältnis ist grotesk: Hier dieses schwere, grosse Rad, das ich allein fast nicht hochheben kann, dort die unglaublich winzigen, auf der Hand kaum spürbaren Figuren der Heiligen Familie.

Es gibt Zeiten, in denen sich alles viel zu schnell um mich herumdreht. Ich komme kaum mit. Und was in der Welt geschieht – Krieg, instabile politische Verhältnisse oder Gewaltdelikte gegenüber Frauen – dringt auf mich ein und bedrückt mich. Ich ziehe mich in mich selbst zurück.

Die Krippe im Wagenrad steht für die manchmal grotesk wirkende Kernbotschaft des christlichen Glaubens: dass Gott klein geworden, in die bedrängende und belastende Welt gekommen und Mensch geworden ist. Dass wir in unserer Überforderung nicht alleingelassen werden, sondern Gott – vielleicht kaum spürbar – mittendrin und da ist.

Die Krippe ist bis am 6. Januar bei uns zu Gast. Wie immer in den letzten Jahren handelt es sich um eine Leihgabe des Museums KrippenWelt (www.krippenwelt-ag.ch ) in Stein am Rhein.

Abb: Krippe im Wagenrad, KrippenWelt, Stein am Rhein. Foto: Bahnhofkirche Zürich