Gott ist katholisch

Im Weg-Wort vom 3. Februar wurde auf einen Podcast mit dem grünen Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, Bezug genommen. Darin gibt  der praktizierende Katholik unter anderem Auskunft über sein Glaubensverständnis und seinen Gottesbegriff. Das heutige Weg-Wort nimmt diesen Faden nochmals auf.

An einer Stelle wird Kretschmann gefragt: «Ist Gott katholisch»? Das ist natürlich eine Provokation des Journalisten. Dann die Überraschung. Kretschmann antwortet: «Ja, Gott ist katholisch.» Gelächter. Aber der Politiker meint es ernst: «Katholisch heisst auf Griechisch ‘Das Ganze umfassend’. (…) Katholisch meint (…) es ist Kirche für alle. Das meint ‘katholisch’, und nicht ne Konfession.»

Es geht Kretschmann also um einen Blick hinter die Aufsplitterung des Glaubens in verschiedene Kirchen mit ihren historisch gewachsenen Unterschieden. Gott steht darüber, ist ein universeller Gott.
Diesen Anspruch eines christlichen Politikers könnte man nun imperialistisch missverstehen, im Sinne von: «Unser Glaube gilt für alle und überall!» Gemeint ist aber nicht ein Herrschaftsanspruch, sondern im Gegenteil der Blick auf das, was alle und alles verbindet. Der Glaube, dass Gott die Welt geschaffen habe, bedeute – so Kretschmann –  dass die Würde eines jeden Menschen unantastbar sei. Das gelte dann eben «…für die Welt und für alle, auch für die, die gar nicht an Gott glauben.»

Ein «katholisches» Verständnis von Gott in diesem Sinn überwindet die Grenzen von Konfessionen, Religionen und Nationen. Es versteht Gott als ein Gegenüber, das jede Kirche und jede:n Christ:in mahnt, die eigene Tradition und den eigenen Glauben nicht zum Massstab für alle zu machen.

Abb: 20 Jahre UN-Stadt Bonn, Aktion „Die Würde des Menschen“, 2016. Foto: Andreas Axel Kirch / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0 DE
Podcast: Alles gesagt? Winfried Kretschmann. 27. September 2024. Interviewpodcast der Zeit Online