Gotteserfahrung am Independence Day

Heute feiern die USA den «Independence Day», ihren Nationalfeiertag. Diesen durfte ich während des Besuchs eines befreundeten Ehepaars in NYC auch einmal miterleben. Statt zum ausgelassenen Happening auf dem Times Square zog es mich abends zum Klassikkonzert in die berühmte Carnegie Hall. Gespielt wurde Beethovens Neunte.

Nach der Aufführung gönnte ich mir noch einen Drink in einer nahe gelegenen Bar. Gegen 01:00h bestieg ich die Subway, die unter dem Hudson River hinüber nach Jersey führt, dem Wohnort meiner Gastgeber. Da ich den Strassenabschnitt von der Metro Haltestelle zum Haus meiner Freunde tagsüber schon gegangen war, mutete ich mir zu, den Weg auch nachts zu finden. Zu dem, was dann geschah, würden die Italiener sagen: Si non è vero è ben trovato, wenn es nicht wahr ist, so ist es doch gut erfunden.

Aber es ist wahr. Nichts Böses ahnend lief ich auf dem Trottoir entlang einer nur schummrig beleuchteten Strasse meinem Ziel entgegen. Da plötzlich flog ein Pflasterstein dicht an meinem Kopf vorbei und schlug dumpf auf einem Müllsäcke-Haufen auf. Und dann noch einer und noch einer. Todesangst durchfuhr meine Knochen. Ich beschleunigte meine Schritte.

Und dann, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, tauchte vor meinem inneren Auge jene Szene aus Attenboroughs Gandhi-Film auf, in der der Mahatma mit einem Priester durch einen verkommenen Vorort von Kapstadt geht. Als sie von weitem ein paar dunkle Gestalten erblicken, schlägt der verängstigte Priester vor, umzukehren. Da meint Gandhi zu ihm: Hat nicht dein Meister Jesus dich gelehrt, unbedingtes Vertrauen in Gott zu haben? Beschämt willigt der Priester ein, sich der Gefahr zu stellen. Und siehe da, sie kommen unversehrt durch.

Das war die Situation, in der ich mich nun selbst befand. Fortrennen, umkehren? Aber wohin? Die Stimme, ich kann sie nur als Stimme Gottes bezeichnen, die durch Gandhi zu mir sprach, war so mächtig und eindringlich, dass ich gewiss war, der Gefahr heil zu entrinnen. In diesem Moment fuhr eine Polizeistreife vor, hielt an und lud mich ein. Einer der Sheriffs meinte ganz cool zu mir: «Don’t do it anymore». Also keinen Nightwalk mehr durch diese Strasse, und erst recht nicht im Zweireiher und in Lackschuhen.

Zuhause angekommen, schlotterten mir Leib und Seele. Gleichzeitig unendliche Dankbarkeit. Ich hatte Gottes schützende Hand über mir leibhaftig erfahren.  

Bildquelle: pixabay, Marmorner Schutzengel