Grabe bei dir selbst

In wenig goldigen Zeiten steigt gemeinhin der Goldpreis. Derzeit hält er sich in schwindelnder Höhe. Wer den volatilen Bewegungen der Aktienmärkte nicht traut, flieht gerne ins Gold. Gold – seit Menschengedenken ein weltumspannendes Symbol für Reichtum, Status und Macht. In spirituellen Traditionen steht Gold aber auch für die Suche nach der immateriellen Schatzkammer in der Grube des menschlichen Herzens. Meistens aber suchen wir draußen, was nur drinnen zu finden ist. Dazu eine hübsche Geschichte:  

Rabbi Eisik, der später ein berühmter Lehrer der jüdischen Geheimlehre des Chassidismus wurde, lebte in jungen Jahren in der polnischen Stadt Krakau. Eines nachts träumte er, unter einer Brücke in Prag läge ein Goldschatz vergraben. Begierig, diesen zu heben, machte er sich anderntags auf und reiste nach Prag. Dort angekommen, ging er auf die Suche. Nach drei Tagen fand er die Brücke, von der er träumte. Da diese bewacht war, schlich er weitere drei Tage um sie herum, reiflich überlegend, wie er an den Schatz herankommen könnte. Nun stellte ihn ein wachhabender Soldat zur Rede: Was suchst du hier? Verlegen gestand der Rabbi: Ich träumte, unter dieser Brücke sei ein Goldschatz vergraben. Den wollte ich mir holen. Da lachte der Wächter: Seltsam, vor drei Nächten träumte mir von einem polnischen Juden, der hier in Prag einen geheimen Schatz suchte. Er solle zu Hause unter seiner Ofenbank graben, dort läge der Schatz verborgen.

Später, als Rabbi Eisik ein großer Gelehrter war, mahnte er einen jeden: Wenn du einen wertvollen Fund machen willst, dann grabe bei dir selbst!

Ja, so sind wir. Wir suchen den Schatz lieber dort, wo er nicht zu finden ist. Dabei ist er stets da, mitten in uns. Wir aber stellen ihn aus uns heraus.