Grünkraft
Etymologisch gesehen leitet sich die Farbe «grün» vom mittelhochdeutschen Wort «grüejen» ab, was so viel heiss wie wachsen, sprießen, gedeihen. In den zurückliegenden Sonnentagen konnten wir die Pracht der Natur besonders intensiv geniessen, da sie sich uns bei strahlendem Sonnenschein im schönsten grünen Kleid präsentiert hat. Ich hoffe, Sie hatten auch eine oder mehrere Gelegenheiten, raus ins Grüne zu gehen.
Glauben wir Hildegard von Bingen, dann können wir in der üppigen Natur etwas spüren, dass sie Grünkraft nennt. Die grosse Mystikerin, Naturheilkundlerin, Dichterin, Komponistin und Nonne im Orden der Benediktiner, wo sie es bis zu Äbtissin gebracht hat, kreierte diesen Begriff in ihrem Forschen und Schaffen: Grünkraft.
Hildegard drückt damit aus, dass in der ganzen Schöpfung und somit in uns Menschen, in den Tieren und Pflanzen, ja sogar in den Mineralien eine schöpferische Kraft liegt. Sie beschreibt auch, dass wir diese Kraft verlieren können, wenn wir uns zum Beispiel zu vielen monotonen Tätigkeiten hingeben. Wir können sie – nach Hildegard – aber auch wieder zurückgewinnen, nämlich vor allem dann, wenn wir ganz bewusst Zeit in der Natur verbringen.
Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht. Aber zwischen Bäumen und Bächen, an Seen und auf Wanderwegen fühle ich mich immer ganz besonders lebendig und kann spüren, wovon Hildegard spricht: die schöpferische, grüne Kraft.