Halte mich nicht fest
Kennen Sie das? Sie erleben einen solch wunderbaren Moment, dass Sie sich wünschen, die Zeit bliebe stehen. Oder Sie denken an jemanden zurück, der vielleicht schon verstorben ist, und sehnen sich danach, noch einmal mit dieser Person zu sprechen oder sie in die Arme zu nehmen.
Schönes, Geliebtes, Annehmliches, einen Lebensabschnitt oder gar einen Menschen loszulassen, kann schmerzen. Und doch bedeutet Leben, dass wir nicht festhalten können, was uns geschenkt ist.
Das erfuhr Maria Magdalena, deren Gedenktag am 22. Juli gefeiert wird, auf ganz besondere Weise. Die Apostelin der Apostel war nicht nur enge Vertraute von Jesus, sondern auch die erste Zeugin seiner Auferstehung. Sie begegnete Christus am leeren Grab und konnte nur staunen, dass ihr «Rabbuni» (Meister) lebt. Ich denke, dass sie Jesus vor Freude am liebsten umarmt hätte. Er aber sagte zu Maria: «Halte mich nicht fest.» (Joh 20,17)
Ich bin davon überzeugt, dass Jesus diese Worte auch ins Heute hineinsagt. Ich soll Christus nicht festhalten. Und damit sind meine ganz konkreten Vorstellungen gemeint, die ich mir von ihm mache. Ich soll mich nicht an ein Bild oder an eine Idee klammern, sondern mir selbst und Jesus Christus die Freiheit geben, dass er immer wieder neu und auf verschiedene Weisen erfahrbar wird. Letztlich lässt Jesus Christus sich nicht von uns einfangen oder festhalten, weil wir das, was er für uns Menschen getan hat und was er für uns ist, mit unserem Verstand nur erahnen können. Er bleibt immer auch «un-fassbar».