Hauptsache gesund?

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«Wird es ein Mädchen oder ein Junge? – Egal, Hauptsache gesund!» So oder so ähnlich läuft manche Unterhaltung ab zwischen werdenden Eltern und neugierigen Bekannten oder Verwandten. Hauptsache gesund! Ein verständlicher Wunsch, dem heute, am Weltgesundheitstag der WHO, Rechnung getragen wird. Für ein Jahr lang steht die Gesundheit von Müttern und ihren Neugeborenen im Mittelpunkt. Ein ganz wichtiges Thema, denn immer noch sterben weltweit rund 4.5 Mio Mütter und Säuglinge während der Schwangerschaft, kurz danach oder bei der Geburt. Das Motto des diesjährigen Weltgesundheitstages lautet deshalb: Gesunde Anfänge, hoffnungsvolle Zukunft.

Und doch habe ich so meine Mühe mit Aussagen wie «Hauptsache gesund». Denn: Erlebt im Umkehrschluss das Kind oder der Mensch, der erkrankt ist, die Hauptsache nicht? In unserer Gesellschaft sind zunehmend die Tendenzen hin zu Healthismus zu beobachten. Das bedeutet, dass es zu einer extremen Form der Gesundheitsorientierung kommt: wer sich ausreichend bewegt, wer sich clean ernährt, wer auf Zigaretten und Alkohol verzichtet, wer Stress meidet, der bleibt gesund. Und wer krank wird, der hat nach dieser Logik schlicht und ergreifend versagt. Immer wieder erlebe ich in seelsorglichen Gesprächen, dass sich Menschen genau das fragen: Bin ich selbst schuld an meiner Krebserkrankung? Habe ich meinen Herzinfarkt selbst zu verantworten? Mich berührt das immer sehr, weil ich davon überzeugt bin, dass wir es in letzter Konsequenz nicht in der Hand, ob wir gesund bleiben oder krank werden. Aber unseren Umgang mit ihr, das können wir bestimmen. So schreibt J.W. Goethe in einem Brief: «Unglück ist auch gut. Ich habe viel in der Krankheit gelernt, das ich nirgends in meinem Leben hätte lernen können.»