Herabkommen und Hinaufrichten

„Taut, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, lasst Gerechtigkeit regnen! Die Erde tue sich auf und bringe das Heil hervor, sie lasse Gerechtigkeit sprießen.“

In diesem Vers aus dem 45. Kapitel des Buches Jesaja kommt das Gute von oben: Wie Regen, der das Land fruchtbar macht, wird Gott im Himmel als die Kraft gesehen, die Gerechtigkeit und gelingendes Leben auf die Erde sendet und unter den Menschen wachsen lässt.

Manchmal scheint einem solcher Glaube fern, wenn man erlebt, wie Leben zerstört und Gerechtigkeit mit Füssen getreten werden. Und manchmal fühlt man sich dieser Kraft ganz nahe, wenn Freundschaften gelingen, wenn man sieht, wie man über die Jahre reifer und sicherer im Leben geworden ist, näher am Glück lebt.

Wenn Menschen Gott dafür dankbar sind, dann wenden sie sich in ihrer Vorstellung meist nach oben. Sie beten oder singen zu „Gott im Himmel.“

Beim Meditieren des Kunstwerks „Archimedische Schraube“ von Roland Heini, das zurzeit in unserem Raum der Stille ausgestellt wird, gehen mir diese Gedanken durch den Kopf.

Die Schraube dreht sich mal in die eine, dann in die andere Richtung. Dabei entsteht der Eindruck einer Aufwärts- oder Abwärtsbewegung. Es ist wie dieses Herabkommen lebensspendender Kräfte und das Hinaufrichten menschlicher Dankbarkeit zum Ursprung des Lebens.

Solches Meditieren lässt mich zur Ruhe kommen. Es tut mir gut.

Abb: Roland Heini, Archimedische Schraube, 2022, Installationsansicht Bahnhofkirche Zürich. Foto: Manuela Matt.