Hohle Nuss

Quelle: eigenes Bild

Was für eine Gurkentruppe?! Du treulose Tomate! Bohnenstange, Erbsenzähler oder «Du Lauch!». Es scheint so, als machen wir Menschen gerne sprachliche Ausflüge in die Kulinarik und Botanik, wenn wir weniger freundlich übereinander reden wollen. Warum das so ist, bleibt mir schleierhaft. Dagegen fallen mir noch viele weitere Beispiele ein. «Du hohle Nuss!» zum Beispiel.

Eine hohle Nuss halte ich gerade in den Händen. Ich kann schon verstehen, wie sich dieser Begriff zu einer Beleidigung entwickelt hat. Schliesslich taugt eine leere Nuss zu nichts mehr. Dennoch fasziniert mich, was ich da sehe. Offensichtlich hat eine Haselmaus ganze Arbeit geleistet. Die Nussschale wurde fein säuberlich geknackt und ein erstaunlich rundes Loch hineingeknabbert. Spuren der kleinen Nagezähne sind noch gut zu sehen. Von der feinen Füllung fehlt jede Spur. Wie sie die Haselmaus da wohl herausbekommen hat?

Menschen aus meinem Umfeld, die gerade Eltern geworden sind, berichten mir oft davon, dass es ihnen dank ihrer Kinder wieder gelingt, über das, was in unserer Welt ist, zu staunen. Auch über Dinge wie diese leere Hülle einer Haselnuss. Ich finde, wer in sich diese Gabe – ganz unabhängig von etwaigem Nachwuchs – erhält, immer wieder Faszinierendes und Schönes zu erkennen, ist von innerem Reichtum gesegnet. Darum halte ich es mit Dostojewski, der einmal sagte: «Meiner Ansicht nach ist über nichts zu staunen weit dümmer als über alles zu staunen. Außerdem: über nichts zu staunen ist fast dasselbe wie nichts zu achten.» Und so wünsche ich Ihnen einen guten Start in diese neue Woche, in der ihnen immer wieder «Erstaunliches» begegnen soll.