Ich glaube an etwas, das ich überhaupt nicht verstehe
Als sie 15 war – unsicher, voller Fragen und Zukunftsängste – wurde sie in eine Evangelisationsveranstaltung eingeladen. Dort bekehrte sie sich zu Christus. Endlich Gewissheit, endlich etwas, woran sie sich halten konnte!
„Der Heilige Geist hat an dir gewirkt“, sagte der Prediger. „Der Heilige Geist hat an mir gewirkt“, glaubte auch sie.
Ein paar Jahre später wurde ihr klar, dass sie sich einer Illusion hingegeben hatte: Sie konnte nicht glauben, dass jedes Wort in der Bibel von Gott kommt und dass die Tiefe, die sie in der Liebe zu einem Mann erlebte, Sünde sein sollte, nur weil sie nicht mit ihm verheiratet war.
„Ich habe mich getäuscht“, sagte sie. „Das hatte nichts mit dem Heiligen Geist zu tun.“
Durch diese Erfahrung und das Nachdenken darüber wurde ihr Interesse am Theologiestudium geweckt. Sie studierte voller Lust und mit Forscherinnengeist.
„Es war doch der Heilige Geist“, meinte ein Freund später. „Nur durch das Bekehrungserlebnis damals bist du zum Studium gekommen.“
Als sie im Pfarramt wirkte, kamen die Zweifel. „Mein Unterricht ist lausig und meine Predigten sind durchschnittlich.“ Und schon die zweite Beziehung war in die Brüche gegangen.
„Der Heilige Geist? Der wirkt sicher nicht durch mich.“
„Doch!“, widersprach ihre Freundin. „Denn gerade solche Pfarrleute sind wichtig. Die Zweifel kennen, denen das Leben auch manchmal misslingt!“
Gegen Ende ihrer Tätigkeit fragte jemand: „Was ist der Heilige Geist?“ Sie antwortete: „Ich weiss es nicht. Ich habe das Gefühl, ihn andauernd zu verfehlen. Ich täusche mich laufend in ihm.“ „Glauben Sie denn noch an ihn?“ „Ja.“ Sie lachte laut. „Das ist doch verrückt, oder? Ich glaube an etwas, das ich überhaupt nicht verstehe und von dem ich im besten Fall ein leises Säuseln mitbekommen habe!“
Am Sonntag ist Pfingsten. Wir feiern den Heiligen Geist.
Abb: Hans Stocker, Pfingsten, Katholische Kirche St. Peter, Büsserach (SO), 1968/69. Foto: Roland Zumbuehl, 2017. Wikimedia Commons