Im Schutzraum

Beim Betrachten unserer Weihnachtskrippe aus Peru ist mir ein Detail bei den Figuren Maria und Josef aufgefallen. Ihre Oberkörper sind in eigentümlicher Weise von einer Silberfolie umgeben. Die bedeckt ihre Rücken und Hinterköpfe, gibt vorne Kopf und Brustbereich frei, um sich auf Bauchhöhe zu schliessen.

Sind das Überwürfe oder Mäntel? So sehen sie aber überhaupt nicht aus.

Deshalb frage ich mich, ob es sich um die Andeutung eines göttlichen Heilsraumes handelt, um so etwas wie eine Aura. Die beiden sind ja in hohem Grade ausgesetzte, gefährdete Menschen: Maria, die eben erst geboren hat, und dies nicht daheim, sondern in der Fremde, ohne Raum in einer Herberge.

Und sofort kommen einem vergleichbare Situationen in den Sinn: Menschen in den kalten, lichtlosen und zerstörten Städten in der Ukraine. Oder Flüchtende auf dem Weg nach Europa.

Will der Künstler Javier Sullca Huamán ausdrücken, dass Maria und Josef gerade in ihrer Verletzlichkeit in einen besonderen Schutzraum gestellt sind? Aber wie würde man solch ein Raum dann konkret erfahren?

Als trotziges „Dennoch“, das Menschen ergreift? In dem unbändigen Willen, nicht unterzugehen, durchzuhalten und zu überleben? In einem unerklärlichen Vertrauen, dass Gott einem nahe ist, gerade in diesem Elend?

Es ist bewegend, dass Menschen in scheinbar aussichtslosen Situationen manchmal von solchen unsichtbaren Schutz- oder Krafträumen erzählen.

Dass viele gegenwärtige Marias und Josefs sie in dieser Weihnachtszeit erfahren, das hoffe ich.

Abb: Javier Sullca Huamán, Krippe aus Silberfolie (Detail), Cusco, Peru. Foto: Bahnhofkirche Zürich