Achtsam und verantwortungsvoll

Zurzeit streiten sich Leute, ob mitteleuropäische Musiker Rastalocken tragen und Reggae Musik spielen dürfen. Das Stichwort heisst kulturelle Aneignung. Das Thema hat etwas Nachvollziehbares: Jahrhundertelang wurden Völker und Kulturen von Kolonialmächten ausgebeutet und beraubt, Rohstoffe, Antiquitäten und Kunstwerke wurden ihnen einfach weggenommen. Da versteht man, wenn Nachkommen der Bestohlenen sich dagegen wehren, wenn nun auch ihre kulturellen Güter und Eigenheiten plötzlich von den Nachfahren der Kolonialherren vereinnahmt werden.

Ausschnitt der Decke der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom; Bildquelle: Wikimedia Commons

Heute wird der Weihetag der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom begangen. Sie ist eine altehrwürdige Kirche, die im fünften Jahrhundert erbaut wurde und tausend Jahre später durch die spanischen Könige eine prachtvolle Ausstattung erhalten hat. Das dafür verwendete Gold hatten allerdings die Konquistadoren aus Amerika über den Atlantik gebracht, und es klebt das Blut der indigenen Bevölkerung daran.

Letzte Woche reiste Papst Franziskus nach Kanada mit dem erklärten Ziel der Begegnung und Aussöhnung mit den indigenen Völkern des Landes. Über hundert Jahre lang hatten Kirchen dort Residential Schools geführt, in denen Kinder der ursprünglichen Bevölkerung gewaltsam ihrer Kultur und Gebräuche entrissen wurden. Viele von ihnen starben oder trugen bleibende physische oder psychische Narben davon.

Überall, wo Wohlstand und Sicherheit auf Ausbeutung oder Unterdrückung anderer Menschen und Kulturen zurückzuführen ist, ist es an der Zeit, jetzt Verantwortung zu übernehmen, durch Erinnerung, Wiedergutmachung bei Betroffenen und tatkräftige Unterstützung der kulturellen Identitäten.