Kantiges
Vor 300 Jahren ist der Philosoph Immanuel Kant geboren worden. Viel wichtiger finde ich jedoch, was Kant kommenden Montag vor 240 Jahren getan hat: Am 30. September 1784 veröffentlichte er seine Schrift „Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?“ Sie beginnt mit dem Donnersatz:
«Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.»
Es gehe darum – so Kant – «…sich seines Verstandes ohne die Leitung eines anderen zu bedienen.»
Diese Aussagen sind heute so aktuell wie damals. In einer Zeit, in der notorische Lügner und Verächter der Demokratie, in der Vertreter:innen von Parteien ohne erkennbares Programm von freien Menschen in politische Ämter gewählt werden, scheint es vielen durchaus am Mut zu mangeln, die Unmündigkeit abzulegen und ihren Verstand zu gebrauchen.
Aber auch im Blick auf den Glauben haben Kants Gedanken Konsequenzen.
Weshalb glaube ich? Und woran? Was ist Gott für mich? Wie verstehe ich die Bibel?
Ich kann nicht so tun, als ob ich für die Antwort auf diese Fragen keine Verantwortung trage. Auch wenn ich die Ansicht vertrete, Gott habe mich zum Glauben berufen, die Bibel sei in jedem Wort wahr und Gott handle spürbar in meinem Leben, so bin doch ich es, der/die diese Dinge so vertritt. Ich glaube es, weil ich bestimmte Erfahrungen gemacht habe, oder weil ich Menschen vertraue, die es mir so nahegebracht haben, oder weil es mir für mein Leben einleuchtet. Dies alles geschieht in mir. Ich bin die Instanz, die es so und nicht anders glaubt.
«Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!» schreibt Kant.
Und habe Mut, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Auch für die Dinge, in denen du die Unmündigkeit wählst. So könnte man ergänzen.
Abb: Immanuel Kant, Quelle: Wikimedia Commons