Löffelliste

Kürzlich erzählte mir eine Bekannte, dass sie eine Löffelliste führe. Diesen Begriff hatte ich zuvor noch nie gehört. Sie erklärte mir dann, dass es sich dabei um ihre ganz persönliche To-Do-Liste handle, auf der Dinge stünden, die sie unbedingt erleben möchte, bevor sie den «Löffel abgeben müsse». Wer sich eine solche Liste anlegt, der anerkennt, dass die Lebensspanne begrenzt ist, und beschäftigt sich vom Ende her mit der Frage: Was möchte ich erleben?

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Wenn wir am Sonntag in die Karwoche gehen und den Palmsonntag feiern, dann betrachten wir die kommenden Tage auch von ihrem Ende her.  Jesu Einzug in Jerusalem, das letzte Abendmahl, die Gefangennahme, Verurteilung und Kreuzigung können wir nur mit österlichen Augen sehen, mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu Christi am Ostermorgen.

Ohne diesen Blickwinkel wären die Kartage eine Kapitulation vor menschlicher Schwachheit: erst der grosse Jubel um eine Person, von der sich viele Rettung versprechen, wenig später die Umkehr der Gefühle, als sich Menschen wütend mitreissen lassen und lauthals fordern: «Kreuzige ihn!». Der gewaltsame Kreuzestod Jesu Christi ist ein menschengemachtes Desaster. Doch wir wissen: so lässt Gott es nicht stehen. Er stimmt einen anderen Schlussakkord an und sieht damit auch für unser menschliches Leben ein Ende vor, das einen Anfang verspricht.

Lange habe ich darüber nachgedacht, mir selbst eine Löffelliste anzulegen. Mein Glaube, dass in meinem irdischen Ende gleichzeitig ein wunderbarer Anfang liegt, hat mich letztlich zur Überzeugung gebracht, dass ich getrost auf diese Liste verzichten kann.