Mensch ärgere dich nicht

Es ist schon ein paar Jahre her, seit sich ein Mönch vornahm, für einen Tag in der Abgeschiedenheit zu meditieren. So nahm er ein Boot und ruderte es in die Mitte eines Sees. Er schloss seine Augen und begann dort mit seiner Meditation.

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Nach ein paar Stunden der Ruhe, in denen er völlig ungestört war, stieß plötzlich ein anderes Boot an seines. Er hielt seine Augen weiterhin geschlossen, spürte aber, dass es um seine Ruhe geschehen war, und dass sich Ärger in ihm aufbaute. Er wollte dem anderen Ruderer, der so unachtsam sein Boot gerammt hatte, die Meinung sagen. Doch als er seine Augen öffnete, sah er, dass ein leeres Boot an seines gestoßen war. Das Boot hatte sich wohl losgerissen und trieb herrenlos auf dem See.

In diesem Moment erfasste der Mönch etwas: Der Ärger befand sich in ihm selbst. Ein kleiner Stoß von außen hatte ihn aufflammen lassen. Wenn er nun künftig jemanden traf, durch den er sich provoziert fühlte, oder über den er sich zu ärgern begann, erinnerte er sich an seine Erfahrung vom See. Die andere Person ist wie ein leeres Boot. Der Ärger wohnt in mir. In unserem Leben gilt das für gute wie für schlechte Gefühle. Ärger, Liebe, Zorn und Freude wohnen in uns. Die anderen Menschen in der Welt und in unserem Leben sind leere Boote. Wir entscheiden, welches Gefühl wir aufkommen lassen. Wenn wir also wieder einmal traurig oder sauer sind, rufen wir uns in Erinnerung: Die anderen sind leere Boote.