Menschen, die lächeln

Als ich am späten Nachmittag ins volle Tram stieg, hatte ich die Befürchtung, dass ich um einen Platz «kämpfen» muss. Das ist der Normalfall. Man steigt ein, in einem kleinen Abteil, in dem vier Leute sitzen könnten, sitzen zwei Menschen und es «sitzen» zwei Taschen oder Rücksäcke. Egal ob Bus, Tram oder Zug: Wer eine freie Doppelbank zuerst erreicht, stellt seine Tasche auf den Fensterplatz und setzt sich auf den Sitz beim Gang, macht das Handy an, steckt seine Nase hinein und signalisiert: Frag mich bloss nicht. Ich will meine Ruhe.

Bild von Jürg Stuker auf flickr

Reisende versperren den Zugang zu einem Sitzplatz, der ihnen gar nicht gehört, machen mit ihrer Haltung und ihrem Handeln klar, dass es ihnen egal ist, dass andere Reisende stehen müssen und verwehren ihnen Komfort und Sicherheit. Sie rutschen schon, wenn man sagt oder andeutet, dass man sitzen will. Mürrisch oder gleichgültig, selten freundlich. Viele Reisende fragen gar nicht mehr oder stehen lieber, als sich dicht zu Fremden zu setzen.

So oft höre ich in letzter Zeit den Satz: Was ist aus unserer Welt geworden? Was ist mit uns geworden?

Es war heute anders. Bereits als ich in den Gang kam, hat eine Frau mich freundlich aufmunternd angeschaut, ihre Tasche hochgehoben und ich konnte mich setzen. Wir sassen da zu viert, alle ohne Handy, alle haben gelächelt. Auch eine Frau vom Nebenabteil hat herübergelächelt. Es war, als ob im Lächeln das gemeinsame Wissen angesprochen ist, dass es so viel besser ist. Es war wie ein Hauch von Frühling, von Glück, von besserem Leben, verbunden, im Gespräch, füreinander da.

Was ist mit uns geworden? Immer wieder muss ich diese Frage an Dich richten, Vater, Sohn und Heiliger Geist! Ich muss sie vor Dich bringen, vor wen auch sonst? Du hast mich gelehrt zu sagen: Erlöse uns von dem Bösen.