Menschliches Miteinander
Seit einer Woche hat die Römisch-katholische Kirche ein neues Oberhaupt. Der gewählte amerikanische Kardinal Robert Francis Prevost hat sich den Namen Leo XIV. gegeben und er knüpft damit an Leo XIII. an, der als Arbeiterpapst in die Geschichte einging und am 15. Mai 1891 die erste Sozialenzyklika «Rerum Novarum» veröffentlichte. Die katholische Soziallehre benennt im Wesentlichen vier Prinzipien für die öffentliche Gestaltung eines gelingenden menschlichen Miteinanders: Personalität, Solidarität, Subsidiarität und Gemeinwohl.
- Die Personalität weist darauf hin, dass der Mensch einmalig und individuell geschaffen ist. In ihrer Diversität und Vielfalt haben die Menschen Anteil an der Gottesebenbildlichkeit, und jede Person besitzt eine unverlierbare Würde.
- Die Solidarität anerkennt die wechselseitige Bezogenheit der Personen untereinander in der Gesellschaft. Wechselseitige Achtung der Menschenwürde bedeutet auch, Chancen für alle und ausgleichende Gerechtigkeit zu schaffen.
- Die Subsidiarität bestimmt das Verhältnis zwischen verschiedenen sozialen Ebenen der Gesellschaft. Was kleinere Einheiten selbst regeln und entscheiden können, soll ihnen nicht von einer grösseren abgenommen werden. Vielmehr haben die grösseren Sozialstrukturen unterstützende und fördernde Funktionen für die kleineren Einheiten.
- Das Gemeinwohl dient in sozialen Systemen dafür, dass Einzelne und Gruppen ihre Werte mit Rücksicht auf das Ganze verwirklichen können. Mittel und Chancen werden in sozialer Kooperation bereitgestellt und verteilt, und auf diese Weise das personale Wohl aller Gesellschaftsmitglieder angestrebt.
Die Sozialenzykliken und die gesellschaftlichen Entwicklungen machen deutlich: Das menschliche Miteinander bleibt ein «work in progress». Es war nie verschont von Rückschlägen, und zugleich finden wir darin stets neue Zuversicht.