Moderne Heilige

Die Kathedrale von Westminster Abbey in London besitzt über ihrem Haupteingang an der Westseite eine Reihe von zehn Statuen, welche Märtyrer des 20. Jahrhunderts darstellen, also Heilige, die das Festhalten an ihrer Überzeugung mit dem Leben bezahlt haben. Darunter sind mir bekannte Namen wie Martin Luther King, Dietrich Bonhoeffer, Óscar Romero oder Maximilian Kolbe. Letzterem gedenkt die katholische Kirche am heutigen Tag. Von anderen hatte ich bis jetzt nichts gehört, etwa Manche Masemola, Janani Luwum, Lucian Tapiedi oder Wang Zhiming.

Märtyrer des 20. Jhd. an der Westminster Abbey; Bildquelle: commons.wikimedia.org.
Märtyrer des 20. Jhd. an der Westminster Abbey; Bildquelle: commons.wikimedia.org.

An solch traditionellem Kirchenbau Frauen und Männer abgebildet zu sehen, die zu unserer Zeit gelebt haben, erstaunt mich und regt zum Nachzudenken darüber an, was heilig sein eigentlich bedeutet. Immer wieder begegne ich der Auffassung, dass es sich bei den Heiligen um Menschen handelt, deren Leben fehlerlos und deswegen gottgefällig gewesen sei.

Der Apostel Paulus meint etwas anderes, wenn er die Mitglieder der frühen Gemeinden als Heilige anspricht, denn im Verlauf seiner Briefe wird schnell klar, dass sie keineswegs perfekt waren. Doch Paulus erinnert die jungen Christinnen und Christen daran, dass sie Kinder Gottes und «von Gottes Art» sind. Das Tragische an uns Menschen ist, dass wir dies oft vergessen, oder dass es uns abgesprochen wurde, und wir diesen Stimmen glauben.

Heilige sind Menschen, die sich wieder daran erinnern, dass sie mit Gott verbunden sind, und die daraus ein tiefes Vertrauen schöpfen. Es hilft ihnen, für ihre Überzeugungen und Herzensanliegen einzustehen und sich weniger vor Nachteilen zu fürchten. In Übereinstimmung mit uns selbst und dem Göttlichen – heil und heilig – zu leben, diese Möglichkeit tragen wir alle in uns.