Musikalische Versöhnung

Kürzlich konnte ich in der sächsischen Messestadt Leipzig ein paar Urlaubstage verbringen. Angenehm überraschte mich, wie aufgeräumt, grün und grosszügig diese Stadt mit ihren Parks und Plätzen erschien und wie viele Sehenswürdigkeiten auf dem überschaubaren Raum der historischen Altstadt zu entdecken waren. Leipzig ist zweifellos eine Reise wert!

Das Grab Johann Sebastian Bachs im Chor der Thomaskirche zu Leipzig; Bildquelle: Wikimedia Commons.
Das Grab Johann Sebastian Bachs im Chor der Thomaskirche zu Leipzig; Bildquelle: Wikimedia Commons.

Die Leipziger Thomaskirche gilt als herausragendes Zentrum evangelischer Kirchenmusik und war Wirkungsort des Barock-Meisters Johann Sebastian Bach, der hier seine Kantaten, Motetten und Choralvorspiele aufführte. Am vierten Mai durften wir in dieser Kirche ein A-Capella-Konzert miterleben. Die Tallis Scholars aus England führten unter dem Titel «Inspired by the Sistine Chapel» geistliche Werke der Renaissancezeit auf. Es erklang also Musik, die am päpstlichen Hof aufgeführt wurde oder hätte aufgeführt werden können.

Das Konzert wurde für mich zu einem bewegenden Erlebnis. Zum einen entrückten mich die reinen Stimmen und die schwebenden polyphonen Klänge in andere Sphären. Ebenfalls hat mich berührt, dass eine so ur-katholische Musik an diesem ur-evangelischen Ort erklingen konnte. All die Auseinandersetzungen früherer Zeiten und die erbitterten Kämpfe der Konfessionen lösten sich in der Musik auf, der «evangelische» Raum und die «katholische» Musik verbanden sich zu einer harmonischen Einheit.

Das Konzert wurde mir zum starken Zeichen. Musik und Kunst können an der Versöhnung der Herzen mitwirken. Erlittenes muss nicht stets mit neuem Leid beantwortet werden. Ebenso wie die Zeit vermag auch die Kultur, die wir miteinander teilen, alte Wunden zu heilen.