• Bewege dich!

    Moderne Mobilgeräte beinhalten in ihrem kleinen Gehäuse inzwischen eine unüberschaubare Vielzahl an Funktionen. Neulich hat mir eine geschätzte Person eine Begebenheit dazu berichtet, die mich zum Schmunzeln und Nachdenken brachte. Gerne gebe ich ihre Geschichte hier wieder: Meine Bekannte schätzt den Schrittzähler in ihrem Handy, der ihr hilft festzustellen, ob sie sich täglich genug bewegt. Und ihre Schwester hat an ihrem Handgelenk eine Smartwatch mit ähnlichen Gesundheitsfunktionen. Eines Sonntags gehen beide Frauen gemeinsam in den Gottesdienst. Dieses Mal erscheint ihnen die Predigt besonders schwer, langatmig und schier endlos. Plötzlich meldet sich die Smartwatch der Schwester mit einem Ton, und als sie auf das Gerät schaut, liest sie: «Steh auf und…

  • Leihworte

    «Wird Gott auf ewig verstossen und nie mehr gnädig sein? Hat seine Güte für immer ein Ende, ist sein Wort verstummt für alle Zeit? Hat Gott seine Gnade vergessen, hat er im Zorn sein Erbarmen verschlossen? Und ich sprach: Das ist mein Schmerz, dass so anders geworden ist das Handeln des Höchsten.» Psalm 77, Verse 8 – 11 Der Sohn, Bruder, Enkel und Neffe hat seinem Leben ein Ende gesetzt. Da ist tiefes Entsetzen und unendlicher Schmerz. Man wusste, dass es ihm schlecht geht, sehr schlecht. Aber man hat nicht damit gerechnet, dass es so weit kommen könnte. Wie kann man seinem Schmerz Ausdruck verleihen? Den Angehörigen hat es die…

  • Schnaufen

    Ich war in einer vierten Klasse zu Besuch. Die Kinder sollten in ihre Hefte notieren, was sie nach den Ferien noch von der Photosynthese wissen. Es gab kein Kind, das nichts zu sagen wusste. Wesentliches haben alle verstanden. Die einen waren in der Lage, den Prozess der Photosynthese mit Fachbegriffen und chemischen Zeichen zu erklären. Es war von CO2 und H2O die Rede, von Kohlenstoffdioxid, Wasser und Energie, von Stärke und Blattgrün und Umwandlung. Ein Viertklässler hat eine ganze Formel aufschreiben können. Ein Junge hat die Photosynthese etwa so beschrieben: Wir Menschen schnaufen. Wir schnaufen ein und wir schnaufen aus. Die Bäume und alle Pflanzen schnaufen auch ein und schnaufen…

  • Gegen den Wind

    Das Gymnasium, das ich besucht habe, lag im Nachbarort. Es waren ziemlich genau vier Kilometer bis dorthin. Damals gab es nur eine umständliche Busverbindung, bei der wir umsteigen mussten, und die uns hat müde in der Schule ankommen lassen. Ich habe mich einer Gruppe von Fahrradfahrern angeschlossen, die die kurze Variante gewählt hat, nämlich den Feldweg durch – ja wirklich – Felder. Es war ein wunderschöner Schulweg. Wir sind der Morgensonne entgegengeradelt. Im Frühling haben wir die junge Saat aufgehen sehen, wir haben gehört, wie die Feldlerche über uns singt, ab dem Sommer sind wir an den Maisstauden entlanggeradelt, deren Blätter im Wind flüstern und ab November sind wir oft…

  • Rohr oder Schale?

    Es ist wichtig, einander liebevoll zu behandeln. Ebenso wichtig ist der achtsame Umgang mit sich selbst. Das wusste schon Bernhard von Clairvaux, der vor rund 900 Jahren folgendes schrieb: «Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale und nicht als Kanal, der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt, während die Schale wartet, bis sie gefüllt ist. Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt, ohne eigenen Schaden weiter. Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird zur See. Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein als die Quelle. Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer…