Nur ein Wort

Das Lukasevangelium erzählt von einem römischen Hauptmann, der von der heilenden Kraft Jesu hört. Da sein Knecht schwer krank ist, lässt er Jesus ausrichten, er möge bitte kommen und den Knecht retten. Noch bevor Jesus dort ist, kommen ihm Boten entgegen und richten die Worte des Hauptmanns aus: «Herr, bemühe dich nicht, denn es steht mir nicht zu, dich in mein Haus zu bitten. (…) Aber sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund.» (Lk 7, 6-7) Als die Boten zurückkehren, ist der Knecht geheilt.

Im Zentrum der Erzählung stehen der bedingungslose Glaube und die Demut des Hauptmanns, von dem man beides – da er der fremden Besatzungsmacht in Israel angehört – gerade nicht erwartet. Ebenso wird die Heilkraft Jesu betont, die durch solchen Glauben freigesetzt wird.

Mich allerdings berührt das Vertrauen in die Kraft der Sprache, die hier zum Ausdruck kommt: «Sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird gesund!»

Obwohl man oft abschätzig kritisiert, es werde z.B. in der Politik immer nur geredet, und nichts getan, ist es zutiefst eindrücklich, was Worte können. Wer je schon von einem Roman in Bann gezogen wurde, weiss, dass mit Worten Welten gebaut werden, die sich realer anfühlen können als die Alltagswirklichkeit.

Worte haben Wirkmacht. Sie können auch heilend wirken.

In die Bahnhofkirche kommen manchmal Menschen, die sich eine Segnung von uns Seelsorgenden wünschen. Neben dem Salböl, das wir je nach Situation dabei verwenden, und der Berührung an Schulter oder Stirn, sind es die Segensworte, die diesem Ritual Kraft geben: Worte, auf diesen Menschen zugeschnitten, ihm zugesprochen, als Akt zwischen Seelsorger:in und ihm. Worte als Ereignis. Und im Vertrauen darauf, dass darin die heilsamen Kräfte Gottes wirken.

Abb: Jacopo da Pontormo, Heimsuchung (Detail), 1528/29, Kirche San Michele e San Francesco, Carmignano, Italien. Wikimedia Commons