Provisorisch
Eine Scheibe ging in Brüche. Jetzt ist sie mit Folie überklebt. Nicht sehr schön, aber besser als der Karton, der zuvor notdürftigen Schutz bot. Bis die neue Scheibe geliefert werden kann, bleibt das Provisorium.
Ein Schüler kann in der Schule ins Provisorium kommen, wenn seine Noten auf der Kippe sind. Beim Zahnarzt gibt es ein Provisorium, wenn der Zahnersatz nicht gleich eingesetzt werden kann.
Es gibt auch Provisorien, die bleiben, das wird dann witzigerweise «Providurium» genannt.
Die zerbrochene Glasscheibe brachte mich ins Grübeln.
Ist denn nicht alles in unserem Dasein ein Provisorium? Das Leben? Der Beruf? Erfolge? Enttäuschungen?
Ich arbeite nicht auf meinem Erstberuf, den ich erlernt habe. Mein Berufswechsel hat mir viele Türen geöffnet und andere verschlossen.
Wenn ich das Provisorische in meinem Leben akzeptiere, dann öffnen sich mir immer wieder viele Türen und alle die verschiedenen Möglichkeiten. Denn nicht alles ist festgefahren und vorherbestimmt. Flexibilität ist dann «normal». Und es ist ja trotzdem nicht ausgeschlossen, dass etwas zu einem «Providurium» wird.
In einem Buch lese ich von einer Frau, die gerne am Meeresstrand steht und sich das Meer als Ozean von Möglichkeiten denkt. Genau so stelle ich mir das vor. Nicht alles ist in Stein gemeisselt. Vieles im Leben ist möglich. Es gibt Zwischenlösungen und Provisorien, es gibt Veränderungen und immer wieder neue Möglichkeiten – wenn wir nur offen sind und die Chancen sehen.
Die Scheibe wurde nun ersetzt. Es sieht wieder super schön aus. Die Zeit dazwischen, das Provisorium, hat mich jedoch etwas gelehrt.