Pub I
Erleben Sie in der Kirche Gemeinschaft? Ich – und viele Menschen, mit denen ich im Gespräch bin – leider viel zu selten. Dabei haben Kirchen doch eben diesen Anspruch: Gemeinschaft zu ermöglichen. Gerade in Gottesdiensten aber blieben viele dann für sich, entsteht nicht wirklich ein «Wir».
In den Ferien waren wir in Irland. In einer kleineren Stadt haben wir einen Pub aufgesucht. Wir hatten keine grossen Erwartungen an diesen Ort: Etwas trinken und Musik hören.
Und dann haben wir dort zwei ausserordentliche Abende erlebt. Da kamen Menschen jeglichen Hintergrundes zusammen: Alte und Junge, Paare, Familien, Alleinstehende. Heteros ebenso wie ein schwules Paar. Beide Male kamen wir wie von selbst mit anderen ins Gespräch, lachten, tauschten über unsere Länder, über Politik und anderes aus. Ein Mann, den wir am ersten Abend kennengelernt hatten, liess sich nicht davon abbringen, uns am zweiten eine Runde auszugeben, obwohl wir diesmal weit voneinander weg sassen und kaum miteinander reden konnten.
Der Pub als Ort, wo Toleranz, Akzeptanz und Gemeinschaft lebt. Ohne grosse Ansprüche, aber natürlich und ungezwungen.
Zum Glück gibt es solche Orte auch bei uns. Zum Beispiel gewisse Quartierbeizen. Mit den pensionierten Frauen, die sich treffen, den Jungen nach dem Sporttraining oder den Einsamen, die ein Bier trinken.
Ich bin dankbar für solche Orte. Sie machen viel von dem möglich, was den Kirchen oft nicht gelingt.
Aber vielleicht ist das gar nicht so schlimm. Vielleicht muss Kirche nicht alles können. Vielleicht gönnt sich der Heilige Geist auch ab und zu einen schönen Abend im Pub oder der Beiz. Er weht ja bekanntlich, wo er will. Auch ausserhalb der Kirche.
Foto: Privat