Pub II

In Dublin gibt es einen Pub mit dem etwas befremdlichen Namen «Confession Box» («Beichtkiste»). Dies hat keineswegs nur damit zu tun, dass der sehr begrenzte Platz im Lokal an die Enge eines Beichtstuhls erinnert. Die eigentliche Wurzel des Namens führt uns zurück in die Geschichte des Irischen Unabhängigkeitskrieges vor gut hundert Jahren (1919 – 21).

Die irischen Männer, die damals gegen die jahrhundertealte britische Besetzung der Insel kämpften, wurden von den Behörden verfolgt und von der Kirche exkommuniziert. Priester, die mit der Unabhängigkeitsbewegung sympathisierten, nutzten nun den Pub, um den gläubigen katholischen Kämpfern die Kommunion zu spenden und ihnen die Beichte abzunehmen. Man unterwanderte also die offizielle Haltung der Kirche.

Natürlich ist es immer heikel, wenn Kirchenvertreter:innen indirekt die Anwendung von Gewalt unterstützen. Die Freiheitskämpfer waren ja Soldaten in einer kriegerischen Auseinandersetzung. Genau dasselbe tat aber auch die offizielle Kirche, indem sie sich mit der britischen Besatzungsmacht verbündete. Diese hatte die irische Bevölkerung seit Langem systematisch diskriminiert. Iren und Irinnen waren z.B. von britischen Grossgrundbesitzern abhängig und mussten hohe Pachtzahlungen leisten. Die Grosse Hungersnot 1845 – 49 ist wohl wesentlich auf diese ausbeuterische Politik zurückzuführen.

Gewalt kann nie eine gute Lösung sein. Hochproblematisch ist es aber, wenn Kirchen sich einseitig auf die Seite der Machthaber stellen. So wie man es zurzeit am Beispiel der Russisch-Orthodoxen Kirche in Russland erlebt. Deshalb gefällt mir – trotz aller Vorbehalte – der subversive Ungehorsam der Kleriker in der «Confession Box». Vielleicht war der Pub damals in weit höherem Masse Kirchenraum als die geweihte Kirche in seiner Nachbarschaft.

Abb: The Confession Box, 88 Marlborough St, Dublin, Irland. Foto: Adam Bruderer, 2013. Wikimedia Commons