Schau nach vorne
Täglich sehe ich Menschen am Bahnhof, die mit schweren Rucksäcken, grossen Koffern oder XXL-Taschen unterwegs sind. Viele Reisende mühen sich mit dem Gewicht ihres Gepäcks ganz schön ab. Als Seelsorgerin spreche ich aber meist mit den Menschen, die eine andere Art von Gepäck mit sich tragen. Fehler, verpasste Chancen, gebrochene Herzen, innere Kämpfe, vielleicht auch eine Portion Selbstzweifel, die beschäftigen. Der Blick zurück ist vielen sehr vertraut, aber hält sie doch gefangen in dem, was längst vergangen ist. Hier ist die gute Nachricht: Der Rückspiegel ist viel kleiner als die Frontscheibe! Und das hat einen Grund.
«Denkt nicht mehr an das, was früher war; auf das, was vergangen ist, achtet nicht mehr! Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon spriesst es, merkt ihr es nicht?» (Jes 43, 18-19a) Diese Worte Gottes ruft uns der Prophet Jesaja zu und bringt damit zum Ausdruck, dass Gott kein Archivar unserer Vergangenheit sein möchte, sondern der Künstler unserer Zukunft. Gott taucht seine Pinsel nicht in graue und triste, sondern in lebendige Farben, in die schönsten Hoffnungstöne. Wer ständig nach hinten blickt, verpasst das Schöne, das vor ihm liegt. Auch wenn die eigene Vergangenheit nicht unbedeutend oder wertlost ist, möchte Gott uns auf das ausrichten, was vor uns liegt und verspricht «Leben im Überfluss» (Joh 10,10).
Das heisst nicht, dass alles einfach wird. Aber es heisst, dass man nie alleine geht und dass Gotte es gut mit einem meint. Also, schauen wir nach vorne! Nutzen wir unsere Frontscheibe und schauen nur noch gelegentlich in den Rückspiegel! Denn unser Morgen ist keine Wiederholung von gestern, sondern Gottes Einladung, unsere persönliche Geschichte mit ihm zu schreiben, jeden Tag aufs Neue.