Sieg des Volkes
Wenn wir heute den Nikolaustag feiern, dann gedenken wir eigentlich eines frühkirchlichen Bischofs. Er lebte vom Ende des 3. Jahrhunderts bis Mitte des 4. Jahrhunderts in Kleinasien und wurde Bischof von Myra. Nikolaus ist ein griechischer Name und setzt sich aus den beiden Wörtern Nike (Sieg) und Laos (Volk) zusammen. Er bedeutet also «Sieg des Volkes». Nikolaus wurde zwar als Kind so getauft. Aber mir scheint, der Name sei ein Omen für den Lebensweg dieses Menschen. Allerdings nicht im ursprünglich militärischen Sinn, sondern im Sinne von: «Ein Sieg für das Volk».
Viele Legenden um Nikolaus erzählen von seinem Bewusstsein für Menschen in Not und Armut.
In einer Legende geht es um einen verarmten Mann, der seine drei Töchter in die Prostitution schicken will, weil er sie mangels Mitgift nicht verheiraten kann. Nikolaus wirft an drei aufeinanderfolgenden Nächten eine Goldkugel für jede Tochter durchs Fenster in das Haus. Eine andere berichtet von einer Hungersnot. Nikolaus gelingt es, die Seeleute eines vor Myra ankernden Schiffes dazu zu überreden, einen Teil des geladenen Getreides dem hungernden Volk zu überlassen. Die Seeleute, die den Zorn des Kaisers in Byzanz fürchten, erleben, dass sich das Kornlager in ihrem Schiff wundersam von selbst wieder füllt.
So ist das Handeln des Heiligen Nikolaus tatsächlich ein Sieg für das Volk. Und auch wenn es sich um Legenden handelt, so erinnern diese wohl an die Grundhaltung dieses Bischofs, die das öffentliche Amt als Auftrag versteht, Armut zu bekämpfen und zum Wohl aller zu wirken. Ein Sieg des Volkes.
Wie wenig selbstverständlich diese Haltung geworden ist, erleben wir in unseren Zeiten schmerzhaft und leider viel zu oft.
Abb: Das Kornwunder, Nikolausaltar, Marienkirche Mühlhausen, Deutschland, um 1485. Foto: Friedrichsen, 2010. Wikimedia Commons