Sorge um die Schöpfung

In Nienburg, einer Kreisstadt unweit von Hannover, steht eine Bronzeskulptur: Auf einer Kugel, die einseitig wie durch eine Explosion aufgerissen ist, sitzt zusammengekrümmt die schematische Gestalt einer Schwangeren, ihren Bauch haltend und den tropfenförmigen Kopf hinuntergeneigt bis zu den Knien. Ihre Haltung hat etwas Beschützendes und drückt zugleich Trauer um die verwundete Erde aus. Es handelt sich um die «Madonna von Tschernobyl», welche der weissrussische Künstler Iwan Kasak 1992 geschaffen hat und die am 26. April 2000 in Nienburg eingeweiht wurde.

Die «Madonna von Tschernobyl» in Nienburg; Quelle: Wikimedia Commons

Auf den Tag genau vor 37 Jahren ereignete sich in Tschernobyl die neben Fukushima grösste Nuklearkatastrophe der menschlichen Geschichte. Am 26. April 1986 trat im ukrainischen Atomkraftwerk an der weissrussischen Grenze ein katastrophaler Unfall der höchsten Kategorie auf, bei dem es im Block 4 zu einer Kernschmelze kam. Die daraus folgenden Explosionen schleuderten radioaktives Material in grossen Mengen in die Luft, welches die gesamte Region kontaminierte und daraufhin durch den Wind bis weit nach Europa getragen wurde. Damals war ich in Neuburg an der Donau im Zivildienst, und ich erinnere mich noch, wie wir angehalten wurden, möglichst wenig nach draussen zu gehen und die Schuhe vor der Türe zu lassen.

Die Bronzeskulptur will in Erinnerung halten, welche fatalen Folgen die technische Risikobereitschaft haben kann, und wie verletzlich das ökologische Gleichgewicht ist, welches die Grundlage für uns und alle Wesen darstellt. Fürsorglich und liebevoll hat Maria das ungeborene göttliche Kind getragen. Ebenso braucht und verdient die Schöpfung Gottes unsere Achtung und Fürsorge, damit unsere Erde ein Ort des Lebens bleibt.